Freitag, 8. Juni 2012

Kittelwechsel für Schleckerfrauen?

Schleckerfrauen und kein Ende. Und es wird immer blöder. Jetzt sollen die Verkäuferinnen also zu Pflegerinnen umgeschult werden. Klar, liegt ja nahe.
An Verkaufspersonal gibts ja anscheinend nirgends mehr Bedarf, aber an Pflegekräften immer. Und ob man nun Saftkisten in Regale wuchtet, oder Opi von links nach rechts dreht - wo ist der Unterschied? Naja, und ob man nun die Sauerei wegwischt, wenn ein Kunde 'ne Packung Joghurt hat fallen lassen, oder aber die wenn ... aber lassen wir das lieber.

Der Aktionismus, den die BuReg hier mal wieder an den Tag legt, ist bescheuert, aber systemimmanent. Man muss ja was tun! Ist ja auch Wurscht, ob eine Verkäuferin vielleicht weiter Verkäuferin bleiben will, oder nicht. Die Regierungsnannys haben da einen anderen Plan. Die denken da: Oh, Frauen - was kann man mit denen schon anfangen? Aufsichtsräte werden lassen, oder Topmanagerinnen? Nee, auch wenn das frauenquotenmäßig wünschenswert wäre - dafür sind sie bestimmt nicht qualifiziert genug. Waren ja nur Kassiererinnen und Kistenstaplerinnen. Also irgendwas anderes, was Frauen so können.

Pflege und Wartung von fremden Menschen? Toll! Das will ja jede machen. Liegt ihnen ja im Blut, irgendwie. Genetisch so angelegt. Wie Blumenbinden. Aber Floristinnen haben wir ja schon genug auf dem zweiten Bildungswege produziert.

Also Pflege klingt gut. Das kann man den Menschen da draußen im Lande auch gut verkaufen. Die denken da auch so an das Nächstliegende. Frau = soziale Ader. Geht auch bei jeder. Muss nicht jung, hübsch oder intelligent sein - Omis und Kinder füttern, das können sie alle.

Jetzt stelle man sich mal vor, wie es wäre wenn eine Baumarktkette in Deutschland dichtmachen müsste. Oh, die Holzmichelmänner werden arbeitslos! Was können wir denn da machen? Was haben wir da noch so an gesellschaftlich wünschenswerten Verwendungen?

Rapsbauern vielleicht? Wegen der ökologischen Energiewende? Windmühlenflügelputzer, Solarpanelpolierer? Oder Ingenieure, wir brauchen ja dringend Ingenieure sagt der BDI! Und mit Werkzeug und so ... also das können die bestimmt mit Links.

In Ballungsräumen bräuchte man auch noch Sozialarbeiter und Streetworker. Das wäre doch auch was. Da steckt in beiden Begriffen der Arbeiter drin. Das hat was Kerniges, was Männliches - und sozial ist es auch noch. Also um die Männer auch so ein bissl in die gesellschaftliche Pflicht zu nehmen, ohne sie zu sehr zu überfordern. Viele Männchen sind ja noch nicht so weit. Die haben das gewünschte soziale Bewusstsein noch nicht so entwickelt.
Naja, und wenn sie selbst das nicht wollen - fragen wir sie überhaupt? - dann geht immernoch Fahrradbeauftragter oder so was.

Was wäre jetzt aber wenn es eine Bank umreißen würde? Ist ja nun nicht so weit hergeholt. Auch wenn die Bank weiter als Zombie von der EZB untot erhalten würde - es könnte ja sein, dass da mal ein paar tausend Banker überflüssig werden würden. Wie würden unsere Ministerinen (sic!) denn darauf wohl reagieren?

Hm, Banker. Die haben ja mit Geld zu tun, nicht? Also die sind von Natur aus vertrauenswürdig und können rechnen. So eine Ladenkasse könnten die doch bestimmt beaufsichtigen, und mit Kunden können die auch umgehen. Und als Männer könnten die doch bestimmt auch Kisten stapeln und Regale füllen, oder? Wie wäre es denn mit 'ner Umschulung zu Verkäufern? Der Einzelhandel hat da doch bestimmt Bedarf.

Deppenrepublik.

Dienstag, 3. April 2012

Das virtuelle Dunkel (Nachklapp)

In diesem Jahr hatte der WWF sogar einen offiziellen Botschafter im Weltall, der das Großspektakel der weltweiten Verdunklung aus dem Orbit fotografieren und kommentieren sollte.
Zum ersten Mal wird an der "Earth Hour" auch die ISS-Raumstation teilnehmen, von der aus der ESA-Astronaut und WWF-Botschafter André Kuipers auf unseren Planeten blickt, während am 31. März die Lichter ausgehen. Von diesem Ereignis wird er Bilder machen und seine Eindrücke live schildern.
Nun war ich natürlich sehr gespannt auf diese Eindrücke, und besuchte daher André's Blog.

Eintrag 28.März 2012 (noch 3 Tage bis Buffalo): Aufregung beim Andocken des ATV.

Eintrag 02.April 2012: ISS-Toilette kaputt

Hä? Da fehlt doch was Entscheidendes dazwischen! Was war denn nun los am 31.März zwischen halb Neun und halb Zehn Uhr abends?
Konnte André im Dunkeln nicht schreiben? Hat sich das Weltraumklo vielleicht verschluckt, weil ein übereifriger Holländer mal kurz den ISS-Hauptschalter umgelegt hatte? Wo sind die spektakulären Fotos der weltumspannenden Earth Hour?

Ist der Film eventuell noch zur Entwicklung weg? Bei Schlecker gar?

Hm, vielleicht kann ich aushelfen. Auch wenn die Abbildung wohl nicht als echte Erdaufnahme durchgeht, dürfte es auch am 31.März auf der jeweiligen Nachtseite so ähnlich ausgesehen haben:

(Quelle: Wikipedia)

Weite Teile Australiens, der sibirischen Taiga, fast ganz Afrika, sowie das Amazonasgebiet beteiligten sich ebenso engagiert an der Earth Hour wie Nordkanada und das zentralasiatische Hochland. Ein großer Erfolg!

Und wenn man ganz viel Phantasie aufbringt, kann man sich auch den Schüler Nathi Mzilenzi aus Swasiland dort unten vorstellen, der schon mit 15 Jahren eine Earth Hour in seinem Heimatort Shimunye (5.633 Einwohner) organisierte und nun gerade seine Mitschüler dazu bringt, drei mal im Jahr den Müll von der Hauptstraße zu sammeln.

Ich verstehe echt nicht, wieso das alles André Kuipers keine Silbe wert ist.

Sonntag, 1. April 2012

Das virtuelle Dunkel

Na, gestern auch brav das Licht ausgeknipst? Für eine Stunde und 'nen guten Zweck?

Was heißt hier "hä?"? Gestern war doch wieder Earth Hour! Energiesparfunzel für 'ne Stunde stromlos machen und stattdessen Bio-Kerzen anzünden - auf dass es nie wieder warm werden möge! Für den Weltfrieden! Und Mutter Gaia, die grundgütige!

Nicht mitbekommen? Dabei haben sich doch schon im letzten Jahr weltweit 1,8 Milliarden Menschen daran beteiligt - (laut WWF jedenfalls). Na und dieses Jahr sollte doch alles noch viel doller werden! Rekordbeteiligung in Deutschland - meldet der Focus. Über 130 Städte wollten diesmal mittun und ein deutliches Zeichen setzen. Aber sowas von...

Okay, gucken wir uns das mal beim WWF selbst an: Die zur Zentrale gemeldeten Aktionen zählen deutschlandweit ganze Zwanzig. Diese aber immerhin über 5 großzügige Seiten aufgebläht. Ich bin bisher nur mäßig beeindruckt.

Aber die über 130 Städte - das klingt doch nach was.

Hier die Karte. Wow! Ganz Deutschland war ja nicht gerade dunkel, aber immerhin war es das wohl irgendwo in der Marktraße von Pasewalk, sowie bei den Faultürmen des Klärwerks Flensburg. (Steht da echt, kein Aprilscherz!)
Brandenburg hat natürlich wieder mal gar nicht mitgemacht. Renitente Ostler! Sollten sich mal ein Beispiel an Leuten nehmen, denen es nicht so gut geht - wie n-tv zu vermelden weiß:
"Nach Angaben des WWF beteiligten sich auch Menschen in ehemaligen Kriegsländern wie Libyen und Irak an der Aktion"
Na, und wie man gerade aus diesen Weltgegenden weiß, spielen sich die umwälzendsten Bewegungen ja sowieso in den sozialen Netzwerken ab. Das nutzt natürlich auch die Verdunklungstruppe des WWF. Wieder n-tv:
"Die sozialen Netzwerke verbinden nicht nur die Welt, sie sind zu den wichtigsten Organisationsmitteln für die Bürger geworden, um zu handeln. Menschen aus mehr als 150 Ländern rund um die Welt machen sich die Macht der Online-Plattformen zunutze, um sich physisch um die Zukunft des Planeten zu kümmern", sagte "Earth Hour"-Mitbegründer Andy Ripley."
Schaun wir mal nach dieser Macht bei facebook:

Ist jetzt nicht unbedingt so ein machtvolles Zeichen, finde ich, wenn man die knapp 2,8 Mio Google-Fundstellen dazu bedenkt. Allein die Zeitungsredaktionen, die die immer gleichen dpa-Stanzen und WWF-Wortmeldungen zum Event ins Netz blasen, dürften kopfstärker sein als die Fraktion der facebook-liker dieser Aktion.
Ehrlich, da findet jedes lustige Katzenvideo schneller eine stärkere Verbreitung.

Ein trauriges Bild auch auf des WWF's eigener Social web -site im Twitter-Bereich:
WWF Earth Hour: 31.3. Ich bin dabei und … lade zu einer meditativen Klangreise bei Kerzenschein ein. earthhour.wwf.de #eh12de #earthhour
Oh Gott, bleib mir fern mit deinen Klangschalen! Esotrulla!
WWF Earth Hour: 31.3. Ich bin dabei und … schreibe einen Artikel über Klimaschutz. Was macht Ihr? earthhour.wwf.de #eh12de #earthhour
Bei Kerzenschein auf totem Holz? Und wer liest sowas?
WWF Earth Hour: 31.3. Ich bin in Berlin live dabei & zu Hause gehen die Lichter aus! earthhour.wwf.de #eh12de #earthhour
Wow! Du verlässt dein Heim und machst dort das Licht aus ... wie vorbildlich! Und so außergewöhnlich!
WWF Earth Hour: 31.3. Ich bin dabei und … esse Vegetarisch wie immer earthhour.wwf.de #eh12de #earthhour
Und was ist daran so bemerkenswert, wenn du das immer machst?
WWF Earth Hour: 31.3. Ich bin dabei und … blogge über ökologische Mode earthhour.wwf.de #eh12de #earthhour
Du bloggst. Über ökologische Mode. Mit dem Internetmeißel, oder was?

Herrjeh, mit diesen Ökostrebern will doch kein vernünftiger Mensch zusammen gesehen werden. Uargs!

Aber schauen wir doch mal nach was dort im "Blog"-Bereich (naja) so los ist. Dabei stellen wir fest, dass ganze neun veröffentlichte Artikel es auf insgesamt einen Leser-Kommentar gebracht haben, sowie zwei facebook-Wortmeldungen bezüglich einer Partyeinladung. Wieder mal: Wow! Scheint schwer interessant zu sein, das Thema.

Hey, jetzt mal ernsthaft: Sind das die abertausenden besorgten Deutschen, die die großartige Verdunkelungsidee der Weltenretter vom WWF aktiv unterstützen? Sind das die Wähler, wegen denen Provinzpolitiker meinen, medienwirksam unbedingt ihre Rathausbeleuchtung abschalten zu müssen? Hat diese komische Aktion eigentlich irgendeinen bemerkenswerten Widerhall gefunden, außer den der pflichtschuldigen "Berichte" der Medien?

Ist irgendjemandem aufgefallen, dass da gestern zwischen 20:30 und 21:30 Uhr irgendetwas anders war als sonst?

Wenn das im nächsten Jahr wieder so eine virtuelle Veranstaltung wird, sollten sich der WWF und unsere Politniks mal Gedanken machen, ob man die Deutschen nicht doch besser zu einem naturkompatibleren Leben zwingen sollte. Familie Kim zeigt schließlich erfolgreich, wie das auch anders geht:

Samstag, 31. März 2012

Sprachatlas, neue Runde

Heute früh, als ich mir die aktuelle Blog-Zugriffsstatistik ansah, war jemand gerade in einem älteren CR-Artikel unterwegs, zu dessen Überschrift mir auf die Schnelle nicht einfiel um was es sich dabei wohl drehen könnte.
Naja, klick ich mal drauf ... macht ja auch immer wieder Spaß solche Oldies zu lesen (meist jedenfalls amüsiere ich mich doch großartig).

Der Artikel hieß Warum ich spontanen Beisetzungswünschen gegenüber skeptisch bin.

Ha! Der war das! Der mit dem Sprachatlas und der Begriffsvielfalt im Deutschen. Tolles Projekt!

Eigentlich müsste man dort ja langsam in die nächste Runde gegangen sein, und siehe da - so isses auch. Runde Neun ist eingeklingelt, und ich möchte meinen Lesern erneut empfehlen die Uni Augsburg hierbei zu unterstützen.

Gleich am Anfang begrüßt mich ein rotierender Grillvogel, und ich soll ihn doch bitte benamsen. Nee liebe Leute, auch wenn's eigentlich meiner Sozialisation entsprechen sollte - Broiler nennen auch die Maiks, Mandys und Ronnys der ehemals neuen Bundesländer die Dinger nicht mehr. Hähnchen ist richtig. Und nicht Güggeli! Wo kommt das nun wieder her? Wiedermal die Schweizer?

Weiter geht's mit Nahrungsmitteln.

Is ja nich wahr, die haben sogar unsere Knullen in der Auswahl? Hätte ich ja nicht gedacht! Scheint doch kein Begriff von "rund um unser'n Kirchturm" zu sein, wie ich bisher annahm. Man kennt sie also auch in Augsburg, was ich von mir und den Bodenbirnen nicht unbedingt behaupten kann. Wer denkt sich denn solche gekünstelten Viersilber aus? Wahrscheinlich irgendein renitentes Nudelvolk oder konsequente Reiskonsumenten.

Ob's die gleichen sind, die Mütschli oder Laabla vom Bäcker holen? Ich habe echt keine Ahnung. Mütschli würde ich ja den Sachsen zutrauen, weil man dorten auch die Mutsch lieb hat ... aber das -li am Ende? Hm.
Laabla dürfte nun aber von Laible kommen, also auf jeden Fall was Süddeutsches. Aber ob nun unten rechts oder links, ob auf'm Berg oder in einer Schlucht ... wer weiß das schon? Ich jedenfalls nicht.

Bibbeleskäs oder Zibbeleskäs würde ich jetzt spontan in Hessen verorten, oder in der Pfalz vielleicht? Bimbeskanzler oder Handkäs mit Musik? Vielleicht interpretiere ich auch zu überstürzt.
Das Mutschekiebchen kommt doch aber bestimmt daher wo auch die Mütschli verkauft werden, oder?Während der Himmelgüegeli auch auf einem Güggeli landen kann? Vermute ich mal.

Nach dem Sudelblatt (mach mir eine Nudelsuppe, bevor ich dich besudel', Puppe - höhö!) kommt jetzt endlich auch die Uhrzeit dran. Noch mal zum mitmeißeln: Es heißt "Zehn nach halb acht", okay? Das ist doch nun nicht so schwer! Ich weiß gar nicht, warum meine Arbeitskollegen da immer rechnen müssen. Mein Frauchen hats doch auch geschafft!

Dieselbe hat jetzt auch noch was beizusteuern, weil sie den Begriff stickum kennt - im Gegensatz zu mir. Na, wenigstens weiß ich so jetzt gleich, wo's herkommt. Kann ich mir das Raten ersparen.
Das Fremdschämen allerdings nicht, denn "Mein Bruder ist größer als wie ich" kommt mir leider doch zu bekannt vor. Gossenjargon! Übel!
Was mir aber partout nicht einfallen will, ist, wie man den Bereich beim Haschen nennt, in dem man nicht abgeschlagen werden darf. Frauchen sagt: "im Frei", ich dagegen habe keinen Schimmer. Wahrscheinlich gabs bei uns keine freien Zonen. Wir hatten ja nüscht!

So, was jetzt aber ein Kalabums, ein Heubürzli und ein Butzegagele ist mag jeder selbst rausfinden. Viel Spaß!

Eklat im Sicherheitsrat

Die dringend notwendige Intervention von UNO-Hilfstruppen nach dem weltweiten Zusammenbruch des pleite gegangenen Huppsi-Marktes wurde heute durch ein Veto des südgermanischen Freistaats Bavaria verhindert. Die marktradikale Splitterpartei FDP, auf deren Unterstützung der erzkonservative Machthaber Bavarias, Seehofer, derzeit in seiner Regierung angewiesen ist, habe sich dem Verlauten nach, vehement gegen das sofortige Eingreifen der Vereinten Nationen gesperrt.

Die Regierungen progressiver Länder wie Espedenien, Grünistan und Rotfrontien zeigten sich daraufhin bestürzt und zutiefst erschüttert. Sie hatten zuvor eine gemeinsame Resolution in den Sicherheitsrat eingebracht, die die Vereinten Nationen ermächtigen sollte UN-Hilfstruppen in die durch die Katastrophe verheerten Gebiete zu entsenden.

Fassungslos reagierte auch die Nichtregierungsorganisationen Verdi, ob des bajuwarischen Vetos. Der globale Zusammenbruch der Strukturen des Huppsi-Marktes sei eine Katastrophe biblischen Ausmaßes, ließen führende Vertreter der NGO verlautbaren. In den betroffenen Gebieten herrschten Angst und Chaos, vor allem Frauen und Kinder alleinerziehender Mütter irrten verwirrt und schutzlos durch die verwüsteten Landstriche. Wasser und Nahrungsmittel würden demnächst zur Neige gehen, erste Berichte über Plünderungen wurden schon via Twitter und facebook verbreitet.
Außerdem würde mit jedem nutzlos verstrichenen Tag der Ausbruch von Seuchen wie Cholera und Durchfallerkrankungen wahrscheinlicher, hieß es von Seiten der Menscherechtsorganisation.

Ein sofortiges Eingreifen sei alternativlos, und dass ausgerechnet eine radikale Minderheitenpartei, deren Politik selbst in Bavaria selbst von 95 Prozent der Einwohner abgelehnt würde, die dringend notwendige Katastrophennothilfe zu Fall brächte, sei eine Schande für die Weltgemeinschaft - so Espedeniens Kriseninterventionsbeauftrageter Nils Schmid auf CNN.

-Break-

Ja okay, ganz so dramatisch war es dann doch nicht, was mir heute so alles an hyperventilierender Empörung geboten wurde, aber nah dran auf jeden Fall.

Schlecker ist pleite. Warum? Weil wohl kaum noch jemand dort eingekauft hat, schätze ich mal. Kleine, ranzige Lädchen mit nur teilgefüllten Regalen, am Laufen gehalten von Mitarbeiterinnen, die dort anscheinend in sklavenartigen Verhältnissen gehalten wurden. Mies bezahlt, mies behandelt und mit zuwenig Zeit für Kunden und Waren gleichzeitig. Eigentlich sollten alle erleichtert sein, dass "der Ausbeuter" weg ist vom Markt.

Blöderweise ist so eine Firmenpleite nicht nur damit abgetan, dass da jetzt eine Verkaufsfläche und ein Klingelschild frei werden. Da werden dann halt auch die Mitarbeiter nicht mehr benötigt, hier die früher ausgebeuteten Arbeitssklaven - jetzt "Schlecker-Frauen" genannt.
Was im Normalfall keinen Außenstehenden juckt - allenfalls den Bürgermeister, wenn eine große ortsansässige Firma die Tore schließt - wird hier nun zum Bundespolitikum. Die Magie der großen Zahlen macht die Staatsinterventionisten rappelig im Kopf - da will jeder schnell "was tun".

Ja, 10000 (1000 MA hatten schon von selbst gekündigt) ist eine Hausnummer - sicher - aber es ist halt "nur" 10000 mal ein Einzelschicksal, wie es jeden Tag irgendwo in Deutschland passiert. Es ist ja nicht so, dass da plötzlich der Hauptarbeitgeber einer Stadt die Tore schließt und diese nun zum Slum verkommen müsste.

So, und wer sind nun diese "Schlecker-Frauen", von denen es bestimmt in jeder größeren Stadt ein paar gibt? Sind die irgendwie zu blöd für jeden anderen Job, laufen die nur auf dem Schlecker-Betriebssystem und sind ansonsten unbrauchbar?
Ich meine, zu teuer werden sie ja nicht sein, wenn man den früheren Berichten aus der Drogeriehölle Glauben schenken darf - also warum in Gottes Namen sollten ausgerechnet diese ehemaligen Drogerie-Angestellten nun einer staatlich und gewerkschaftlich organisierten Sonderhilfe bedürfen? Also mehr Hilfe, als sie allen anderen in einem ähnlichen Fall zusteht? Warum reicht da das Arbeitsamt nicht aus, wie für jeden anderen auch?

Ist die Bundesagentur für Arbeit eventuell unfähig Einzelhandelsmitarbeiterinnen an den Einzelhandel zu vermitteln? Ich meine, der sucht ja durchaus Arbeitskräfte - hier hängen z.B. in fast jedem Laden "Mitarbeiter gesucht"-Schilder.
Ob eine Verkaufsfachkraft nun Drogerieartikel verkauft, oder vielleicht Lebensmittel, Tabakwaren, Brötchen oder Schuhe - ist das nicht egal? Warum sollen Schlecker-Ehemalige nichts neues finden? Eventuell ist es ja sogar endlich der Ansporn sich einen Arbeitgeber zu suchen, der einen nicht ausbeutet? Die Chance für so manche, die sich früher einfach nicht dazu durchringen konnte?

Aber vielleicht ist es ja wirklich so, wie der putzige Schreiberling der Süddeutschen in seinem völlig bescheuerten Kommentar "Unfähig, kalt, liberal" meint:
"...Wirtschaftsminister Philipp Rösler verweist auf die pauschal ansehnliche Stellenlage im Handel - als ob man einer Verkäuferin aus Detmold den Umzug nach Darmstadt zumuten könnte."
Wahrscheinlich gibts in Detmold keine weiteren Einzelhändler. Kann ja sein. Eventuell ist der nächste Jobanbieter 10 Kilometer weiter weg als die alte Schlecker-Filiale, was sich eine Verkäuferin bei den Spritpreisen einfach nicht mehr leisten kann.
Vielleicht könnte eine staatlich geförderte Auffanggesellschaft sie zu einer noch besseren Floristin umschulen, als es das Arbeitsamt eh tun würde, und sie könnte sich dann einen näheren Blumenladen aussuchen - kann ja alles sein. Nur glaube ich das nicht. Und ich glaube auch nicht, dass eine aus der Hüfte geschossene Staatsaktion mittelfristig irgend etwas für die Betroffenen verbessern würde.

Und außerdem glaube ich nicht, dass es keine Schlecker-Männer gibt (Lagerarbeiter, LKW-Kutscher, Bürohengste). Allein, dass diese bei der tränendrüsendrückenden Show hechelatmiger Betroffenheitsdarsteller komplett ausgeblendet werden, zeigt, dass es eben nur um die Außendarstellung der selbsternannten und nun leider durch die FDP verhinderten "Wirtunwasse" geht.

Das erbärmliche Warmluftgebläse Winfried Kretschmann hat sich hier beispielhaft geäußert:
"Man kann doch diesen Frauen nicht einfach die kalte Schulter zeigen", sagte Grünen-Politiker Kretschmann am Freitag in der ARD. Die "ordnungspolitischen Dogmatiker" der FDP seien Schuld daran, dass den Frauen nun die Arbeitslosigkeit drohe. Es bleibe abzuwarten, wie die Wähler mit den Liberalen umgingen, sagte er."
Die fiesen "Dogmatiker der Ordnungspolitik" haben uns die Tour versaut. Dabei hätten wir doch so schön medienwirksam "was tun" können! (Ist ja nicht unser Geld.)
Und aus Rache schreckt er nicht mal vor offenkundigen Lügen und Halbwahrheiten zurück. Die FDP sei Schuld daran, dass "den Frauen die Arbeitslosigkeit droht"? Sorry, den Frauen wurde gekündigt, die sind schon arbeitslos. Die Männer übrigens auch, aber die wirken wohl nicht so mitleidserweckend.

Und was zum Geier hat die FDP damit zu tun? Was überhaupt die Politik?

Mal sehen, wie die Wähler mit den Liberalen nun umgehen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Großteil der denkenden Menschen diese Konsequenz honoriert. Bis jetzt findet ja sogar die Mehrheit im SpOn-Voting dass die liberale Notbremse richtig war.
Und wer weiß - wenn das nicht nur eine Eintagsfliege gewesen sein sollte, gewinnt man eventuell sogar wieder ein paar Wähler zurück.

Es wäre zu wünschen. Sowohl dass dies kein Zufallstreffer war, als auch, dass genau soetwas gewählt wird.

Sonntag, 25. März 2012

Müllproduzenten wider das Wegwerfen

Die Deutschen sind im Umgang mit Zeitungen wenig zimperlich. Im Zweifel gilt: ab in den Müll. Knapp 82 Kilogramm im Wert von einigen hundert Euro wirft jeder Bundesbürger im Schnitt ungelesen weg. Es reicht schon, wenn das Erscheinungsdatum nur ein wenig überschritten ist. Verbraucherschutzministerin Aigner plant eine Aufklärungsinitiative - und fordert ein Umdenken. 
Naja, so ähnlich jedenfalls schrieb's die Süddeutsche Zeitung vor einigen Tagen. Nach der Pixelzickerei mit Google-Streetview und der wirkungslosen Eigenlöschung bei facebook hat eine ansonsten bedeutungslose Ilse Aigner mal wieder ein Thema, und die Presse nimmts dankend auf - Deutschland, Land der Wegwerfer und Verschwender!

"So was hätt's bei Ilses Omma nach'm Kriech nich jegeben!" mag man da im Stillen hinzufügen, und ich gebe meinen Senf auch noch dazu, wenn ich sage: In Nordkorea wäre sowas auch heute noch undenkbar!

Es geht - natürlich - nicht um Zeitungen, und auch nicht um "überteuerte Wegwerfpolitiker", die ich ebenso im Anfangstext hätte verwursten können. Es geht, wieder einmal, um "Lebensmittel". Anscheinend ein besonderer deutscher Fetisch, um den mit dessen steigender Qualität, Verfügbarkeit und Vielfalt auch immer mehr besorgter Bohei gemacht wird.

Seit Jahren geht es schon um diverse "Lebensmittelskandale", deren doch erstaunlich geringe Anzahl die "Nahrungsmittelindustrie" trotzdem nicht vom ständigen Tatverdacht befreien kann, uns permanent vergiften zu wollen. Auch wird stets und ständig diskutiert und gemahnt, was man nun "Gesundes" essen, und was man als "krankmachend" meiden soll. Da rauscht es permanent im Blätterwald, und seitdem das Landwirtschaftsministerium mal von einer grünen Sozialarbeiterin geleitet, und zum Verbraucherschutzministerium hochgepimpt wurde, stehen deren NachfolgerInnen dem auch in nichts mehr nach. 

Es geht in Deutschland wirklich permanent um die Wurst. Diesmal um die voreilig weggeworfene. Das finde ich insofern amüsant, da ja dieselben Pappnasen sonst immer so viel Wert auf "Frische" legen. Schon mal aufgefallen? So wie der Begriff "Bratkartoffeln" in der medialen Schwafelwolke nie ohne den Zusatz "fettige" auskommt, besteht das Nonplusultra der gesunden Ernährung stets aus "frischem" Obst und Gemüse, sowie "knackigen" Salaten und ähnlichen nach Morgentau riechenden Wunschnahrungsmitteln - gerade eben des Bauers freundlicher Hand entrissen.
Nie, aber auch wirklich niemals, wird die verantwortungsvolle Mutter ihren Sprössling mit einem runzeligen Apfel,einer angetrockneten Möhre, oder einem abgelaufenen Joghurt in die Schule schicken. Never!

Und wenn sie Vati die Arbeitsstullen schmiert? Kommt da die schon etwas schmierige Wurst auf die angetrocknete Brotscheibe? Der Rest der vom Käse übrigbleibt, wenn man die kleinen Schimmelstellen wegschneidet? Wohl kaum!

Unlängst zappte ich zufällig in eines dieser TV-"Verbrauchermagazine", in welchem doch tatsächlich die Qualität von Internet-Lebensmittelversendern bewertet wurde. Die Tester hatten dazu bei verschiedenen Onlineshops so alltäglichen Kram wie Gurken, Joghurts und ähnliches bestellt, welche im Studio nun auf ihre Qualität und Frische hin untersucht wurden.
Zuerst einmal wurde dabei die Kühlung der Sendung beurteilt. Also schön dicke Styroporverpackungen mit ordentlich Trockeneis im Paket stellte ein Qualitätsmerkmal dar, eine schön feste, frische Salatgurke entlockte den Testern ein "sehr gut", während Joghurts mit in Bälde ablaufendem Mindesthaltbarkeitsdatum pfui bäh waren.
Gesamt gesehen war alles absolut in Ordnung - durchaus dem Inhalt eines durchschnittlichen deutschen Kühlschranks vergleichbar - aber mangelnde "Frische" oder unvoluminöse Dämmverpackungen waren unverzeihliche Ausschlusskriterien.

Man kann den Sinn oder Unsinn solcher Alltagsfutterlieferungen nun bewerten wie man will, aber Eines ist festzustellen: Der Deutsche mag es nicht nur (verständlicherweise) gern frisch, es wird ihm auch stets von Verbraucherschützern suggeriert, dass alles was "schon ein bissl über die Zeit ist", kritisch zu beäugen, als Zumutung abzulehnen, potenziell ungesund, wenn nicht gar gefährlich ist.
Andererseits ist aber auch der Einsatz von Konservierungsmitteln, die die Frische ja nun um einiges verlängern könnten, auch verpönt. Kaum ein Produkt kommt noch ohne den Zusatz "ohne Konservierungsmittel" in die Werbung.

Dabei weiß ich gar nicht, worin das Ablehnungspotenzial solcher Zusätze genau besteht. Ist es die Hinzufügung eines "Mittels", eines "Zusatzes" an sich, weil sowas nicht in eine "reines" Produkt gehört? Ist es die Angst davor, dass die Bewertungssinne des Menschen getäuscht werden könnten, weil etwas, obwohl schon "hinüber", doch noch optisch, haptisch und olfaktorisch ansprechend erscheint? Oder ist es die Angst davor, dass atomkriegssichere Lebensmittel irgendwann so beständig werden könnten, dass man sie (analog der Plastiktüte) nicht mal mehr kompostieren kann, weil sie einfach nicht verrotten? Ich weiß es nicht.

Ich weiß aber eins - um all solchen Kappes kümmern sich die selbstbestallten Menschenberater unserer sabbelnden Klasse. Sowohl in den Medien, als auch in der Politik. Hier natürlich allen voran die wohl überflüssigste Ministerin des Kabinetts - die ausgebildete Rundfunkmechanikerin Ilse Aigner. Ob nun in die Richtung "Werft nichts weg!", oder in die andere "Esst nur Frisches". Über diese Schizophrenie ernsthaft nachzudenken heißt, sich mit Hirnfürzen von Bekloppten zu beschäftigen. Es lohnt nicht.

Lohnend erscheint es aber unserer berichtenden Klasse, deren Produkte wie anfangs beschrieben ja nun weiß Gott sowohl in frischem wie auch gut abgehangenen Zustand öfter zum Wegwerfen, denn zum Aufheben taugen. Die Papier- und Verbalmüll produzierende Mediencommunity lebt in schönster Symbiose mit der ebenso intellektuell die Umwelt verschmutzenden Ilse Aufgeregt, indem sie den Hirnfürzen der überflüssigen Ministerin stets noch die eigenen unreflektierten Blähungen hinzufügt.

Hier mal ein Beispiel wie das bei der GEZ-Mafia so umgesetzt wird (gefunden bei Gideon Böss). Es spricht eine Dame, der man schon ansieht, dass bei ihr wohl so schnell nix Essbares umkommt:

"Ja, wir leben in einer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft. Und vielleicht hilft es ja, das bekannte Phänomen mit ein paar Zahlen zu veranschaulichen: Dass wir im Jahr knapp elf Millionen Tonnen Lebensmittel wegschmeißen. Die würden auf LKW verladen eine Lasterschlange von 4000 Kilometern Länge ergeben.
Wie viel Hunger könnte damit gestillt, wie viel CO2 bei Produktion und Transport vermieden werden.
Es ist gut, dass die zuständige Ministerin Ilse Aigner darauf hinweist. Dass sie eine Bewusstseinsveränderung fordert - in jedem Privathaushalt, in jeder Restaurantküche oder Lebensmittelabteilung."
Ja, Überfluss ist schlecht. Auswahl haben ist schlecht. Zuviel Zeugs immer einfach so kaufen, etwas was nicht mehr gefällt einfach wegwerfen zu können - ganz ganz übel! Sie schließt dann auch mit der Schlussfolgerung:
"Wenn pro Kopf jährlich Lebensmittel im Wert von 235 Euro in die Tonne fliegen oder durch den Abfluss gespült werden - bei einer vierköpfigen Familien ist das fast ein Tausender im Jahr -, dann sind die Lebensmittel einfach zu billig. Ihr Wert wird gering geschätzt."
Tja, ich könnte hier mit meinen Kindheitserinnerungen aufwarten. Da gab es sowas nicht. Wenn der Dorfkonsum mal Bananen hatte, und da genau eine pro Familienmitglied gekauft werden durfte - da kam keine in die Tonne! Selbst wenn die Südfrucht beim Einkauf schon fleckig war - da wurde nix weggeworfen! Da wurde noch wertgeschätzt! Hätte sie sowas gern wieder, die Dame vom Mitteldeutschen Rundfunk?

Ich könnte Frau Tesch auch versuchen zu verklickern, dass weggeworfene Lebensmittel keinen bezifferbaren Wert in irgendeiner Höhe mehr haben, genauso wie die Tageszeitung von vorgestern keinen besonderen Wert mehr hat. Allein, eine Schmalspurdenkerin wird es wohl nicht begreifen. Oder würde sie mir doch eine Packung Schnittkäse, deren MHD gestern abgelaufen ist heute für den Neupreis abkaufen?

Dass das allgemein propagierte Konzept "ausgewogen, vielseitig und frisch" entweder erhöhten Transportaufwand, oder aber eine erhöhte Verlustrate bei der Vorratshaltung von Produzenten, Handel oder Verbrauchern nach sich zieht - zuviel für SchwafelköpfInnen der Sorte Aigner, Tesch und sonstiger Claqueure der angeschlossenen Funk- und Printhäuser?

Empörtes Geschrei wegen der in die Tonne entsorgten Wurstenden? Und das in einem Land in dem noch vor Kurzem eine staatliche Wegwerfprämie für das Verschrotten von voll funktionstüchtigen Autos gezahlt wurde?

Sorry, die Propagandisten einer solch dämlichen Kampagne gehören eindeutig der alten Wurst hinterhergepfeffert. Oder besser nach Nordkorea verschifft - ersatzlos.

Bleibt noch die Frage, wer derart unnütze Kräfte überhaupt eingestellt hat und wer sie bis heute bezahlt. Auch eine dämliche Frage, ich weiß.


Auch Udo Pollmer amüsiert diese Kampagne: Hier (Danke für den Tipp an Denker)

Freitag, 9. März 2012

Kein Bett für Nazis

Hoteliers dürfen rechtsextreme Gäste also ablehnen. Gut so! Es sollte immer noch im eigenen Ermessen eines Dienstanbieters liegen, wen er unter seinem Dach dulden möchte. Schön, dass wir dies jetzt auch bundesgerichtshöflich geklärt haben.

Der ehemalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt dürfte es jetzt also schwerer haben, in Deutschland eine Übernachtungsmöglichkeit oder Urlaubsunterkunft zu bekommen. Pech für ihn.

Nun könnte man ja einwenden, dass eine solche Diskriminierung doch ein bissl arg heftig wäre. Klar, sicher. Aber warum sollte ein Hotelier denn dazu gezwungen sein können, ihm unliebsame Gäste aufzunehmen? Vereinzelt soll hier und da ja noch der Grundsatz der Vertragsfreiheit gelten, und die Begründung des Hotelbetreibers für das zuerst erlassene Hausverbot ist ja auch durchaus nachvollziehbar:
"Voigts politische Gesinnung sei unvereinbar mit dem Ziel, jedem Gast ein „exzellentes Wohlfühlerlebnis“ zu bieten, argumentierte er...."
Natürlich, wenn ich gerade eine Delegation kongolesischer Austauschstudenten im Hause habe, werde ich nicht noch einen Ku-Klux-Klan Kongress ausrichten wollen (und umgekehrt!). Wenn "Die Linke" im Hotel tagt, könnte ein parallel dazu gastierender Betriebsausflug von israelischen Grenzschutz-Veteranen ebenso für Irritationen am Frühstücksbuffet sorgen. Da muss man also schon sorgsam sein.

Okay, aber was mich hier irritiert ist die offensichtliche frühere Unkenntnis des Hotelbetreibers, die Person Voigts betreffend. Ich gebe zu, dass mich dieser Mann auf der Straße wahrscheinlich umrennen könnte, und ich würde ihn nicht erkennen. Auch wenn ich seinen Namen unvermittelt auf einer Gästeliste sehen würde, hätte ich keinen Verdacht. Udo Voigt ist ja nicht gerade ein besonders außergewöhnlicher Name, also würde ich ganz unvoreingenommen nicht davon ausgehen, dass es sich um einen ehemaligen NPD-Chef handelt.

Tja, welchen Gästen würde es nun also das "exzellente Wohlfühlerlebnis" vermiesen, wenn dieses Dutzendgesicht am gleichen Hotelpool liegt? Sportpalastreden wird er da wohl kaum schwingen, und stiefelknallende Kostümnazis wird er bestimmt auch nicht im Gefolge mitschleppen. Also mal ehrlich, der Typ könnte als Gewerkschaftsführer, LPG-Vorsitzender oder Abteilungsleiter eines fleischverarbeitenden Unternehmens durchgehen. Wem würde der auffallen, wenn er einen nicht gerade mit Heil Hitler begrüßte?

Zwei mal vorher war Voigt ja schon in Bad Saarow zu Gast, hat er sich da irgendwie danebenbenommen? Wollte er partout immer das Zimmer Nr. 88 buchen? Ist relativ unwahrscheinlich, denn auch die dritte Reservierung ging ja zuerst anstandslos durch. Er stand also nicht auf einer hausinternen Liste unerwünschter Personen.
Hat der Hotelchef ihn also im TV gesehen? Ein Rezeptionist vielleicht, der sich an ihn oder den Namen auf der Buchungsliste erinnerte? Wir wissen es nicht.

Möglich wäre natürlich auch ein diskreter Hinweis aus Voigt-beobachtenden Kreisen. Aber nehmen wir einfach mal an, dass man in Bad Saarow von selbst darauf aufmerksam wurde, dass der gebuchte Gast zu den unbeliebtesten Personen der deutschen Politikszene gehört, und man so einen einfach nicht beherbergen möchte. Okay ... eine nachvollziehbare Entscheidung.

Zahnschmerzen bekomme ich aber bei dieser Aussage des Brandenburgischen Tourismusverbandes:
"Grundsätzlich sei die Haltung bestätigt worden, dass der Unternehmer selbst entscheiden könne, wen er beherberge, sagte Hauptgeschäftsführer Olaf Lücke. „Das zeigt, dass rechtsradikales Gedankengut und Ausländerfeindlichkeit mit unserem Verständnis von Gastfreundschaft nichts zu tun haben.“ Andererseits sei es für die Unternehmer im Zeitalter moderner Kommunikationsmittel immer schwerer, jede Buchung zu prüfen. „Das ist die andere Seite des Urteilsspruchs.“ Lücke sagte, der Hotel- und Gaststättenverband wolle die Hoteliers in der Initiative „Tolerantes Brandenburg“ darüber aufklären, wie sie sich künftig auf solche Situationen vorbereiten können...."
"Alle Buchungen prüfen schwer möglich" ... "auf künftige Situationen vorbereiten" - läuft das schlussendlich auf das Führen von Schwarzen Listen hinaus?

Aktion "Kein Bett für Nazis"? Muss ja, denn wie anders will man solche "Buchungsfehler" in Zukunft auch sonst vermeiden wollen?
Und wer soll auf diese Listen kommen? Nur NPD-Vorständler und Abgeordnete? DVU auch? Republikaner gar? Nur amtlich registrierte Parteimitglieder oder auch "freie Kameraden", Mitläufer, bekannte Personen der Szene bis hin zum renitenten Thor-Steinar-Pulloverinhaber?

Und wer würde dann solche Listen pflegen? Die Tourismusverbändler hätten wohl keine Ressourcen für solch politische Szenebeobachtungen, also könnte man das eventuell fremdvergeben? Eine Kooperation mit dem informellen "Netz gegen Nazis" liegt da doch nahe. Genügend "Kampf gegen rechts"-Organisationen gibt es ja, und die hätten bestimmt eine große Freude daran solche Feindlisten zu pflegen.

Für mich würde da der Deckel von Pandoras Büchse schon arg gelupft, denn eines ist in den vergangenen Jahren klar geworden - die wackeren "Zivilcouragierten", die "Anständigen", vermuten den Rechtsradikalismus ja zunehmend in der Mitte der Gesellschaft, und wenn man diesen die Definitionshoheit überließe, dann finden sich auch bald vermeintliche "Islamkritiker" und "Klimaskeptiker" als Kollateralschäden in der kostenlosen Leistungserbringung der möglichen Hoteliershelfer.

Was mit Sicherheit noch dazu käme, wäre eine Überwachung ob die zur Verwendung gegebene Liste auch entsprechende Beachtung finden würde. Zuviele KgR-Organisationen ohne wirklich viel zu tun, hätten schließlich die Kapazitäten dazu. Ob durch hauptamtliche oder informelle Mitarbeiter - die Beobachtung des Gastgewerbes dürfte, wenn auch nicht flächendeckend, so doch stichprobenartig sehr effektiv sein, wenn diese Waffe erst einmal scharf geschaltet sein sollte.

Damit wäre das Diskriminierungsrecht privater Diensteanbieter zwar immer noch ein Recht und keine Pflicht, aber wir wissen mittlerweile auch, dass die Parteigänger der gutmeinenden Denunziatoren hierzulande keine Scheu davor haben, ihr selbsterklärtes Recht auf die Unterscheidung von gut und böse auch handfest durchzusetzen. Rufmord an "Naziwirten", sowie Sachbeschädigungen am Eigentum derer, die sich nicht an der konsequenten Durchsetzung der schwarzen Liste beteiligen wollten, wäre absehbar.

Nach einigermaßen dadaistischen Aktionen wie Zunge zeigen gegen rechts oder Kein Sex mit Nazis, finden mittlerweile auch recht hilflose Ausschlussaktionen wie Kein Bier für Nazis oder Kein Ort für Nazis begeisterten Widerhall. Nur sind diese halt naturgemäß schlecht überwach- und durchsetzbar. Mit der präventiven Buchungsüberprüfung im Übernachtungsgewerbe würde hier aber eine Schranke fallen, die in der ohnehin schon medial aufgehetzten Atmosphäre besser unten bleiben sollte.

Gänzlich frei von irgendwelchen Sympathien für alte und neue Nationalsozialisten entsteht vor meinem inneren Auge zunehmend das Bild von einem johlenden Mob, der, wenn er nur endlich freigelassen würde, nach der Vertreibung vermeintlicher Volksfeinde aus der Stadt, nicht mehr an deren schilderbewehrten Toren Halt machen würde, sondern die Vogelfreien auch noch in den nächsten Wald begleiten ... und allein heimkehren würde.

Sonntag, 4. März 2012

E-Opel darf nicht sterben!

Ob unsere bundesrepublikanischen Polit-Planwirtschaftler überhaupt noch durchblicken in ihrem selbstgebastelten Förderlabyrinth?
"Der Markteinbruch für erneuerbare Wärme-Anlagen wurde dann durch die globale Finanzkrise und die kollabierenden Energiepreise 2009 ausgelöst. Hinzu kam, dass freie Investitionsmittel der Verbraucher durch die „Abwrackprämie“ der Bundesregierung in den Automobilbereich geleitet wurden. Seither ist es der Bundesregierung nicht gelungen, auf dem für die Energiewende wichtigen Markt nachhaltiger Wärmeerzeugung für Dynamik zu sorgen."
Also zusammengefasst: Globale Finanzkrise, ausgelöst durch staatlich gewollte, nun aber ausgefallene Subprime-Kredite an US-Häuslebauer, bringt Banken und Großkonzerne ins Wanken. Zu deren Rettung fällt Politik z.B. eine Abwrackprämie ein, die private Investitionsmittel weglenkt vom "für die Energiewende wichtigen Markt nachhaltiger Wärmeerzeugung".

Puh! Weil entgegen politischer Wünsche Steine doch nicht schwimmen können, mussten mit diesen Steinen verbundene Stahlkonstruktionen mittels Luftballons oben gehalten werden, welche man dafür wiederum den nachhaltigen Wärmedynamikern wegnehmen muss. Dabei sollen die doch einen politischen Auftrag erfüllen! Energiewenden nämlich!

Aber es kommt noch dicker: Auch
„Die Überförderung der Fotovoltaik lenkt Investitionsmittel weg vom Wärmemarkt, hin zum Strombereich.“
Ja haste Töne?! Die "Überförderung der Fotovoltaik"? Die kann doch nie und nimmer überfördert worden sein, oder wie soll ich mir das hier erklären?
"So oder so, Solons Absturz war nur der Anfang: Kurz vor Weihnachten folgte Solar Millennium aus Erlangen in die Insolvenz, eine Firma, die im großen Stil Wüstensonne mit Parabolspiegelrinnen auffangen wollte, sich aber im Zwist ihrer Manager aufrieb. Es folgte Q-Cells aus Bitterfeld-Wolfen, der einst weltgrößte Solarzellenhersteller. Der konnte die Zahlungsunfähigkeit nur abwenden, indem die Chefs das Unternehmen an seine Gläubiger verkauften. Auch in Frankfurt (Oder), einem Zentrum der Branche, ist die Stimmung schlecht: Entlassungen im Werk von Conergy, Kurzarbeit bei First Solar. Vor drei Wochen rührten sich auch die Riesenkonzerne: Bosch verschob den Bau einer Solarmodulfabrik in Malaysia auf unbestimmte Zeit, Siemens verkündete einen Millionenverlust in seiner Solarsparte."
Holla die Waldfee! Und jetzt kommt auch noch eine Subventionskürzung! Na da werden ja wieder bittere Tränchen rollen. Dabei
"...werden bereits angefallene Kosten von Experten auf rund 100 Milliarden Euro beziffert. Solarstrom hat am Ökostrommix nur einen Anteil von rund 20 Prozent, frisst aber mehr als die Hälfte der Ökoenergieförderkosten."
Also bisher haben wir in die Pleite gewirtschaftete US-Bauherren, heulende Heizungsbauer mit nicht nachhaltig genug gefördertem Geschäftsmodell, die Subventionskonkurrenz der Autoschmiede und bankrottierende deutsche Fotovoltaiker. Nebenbei noch ausgenommene deutsche Stromkunden - aber die zählen ja nicht - bluten sie doch für eine grüne Sache.

So ist das wohl, wenn man Wirtschaft lenken will. Nie macht man alles richtig, und irgendwer ist immer der Dumme.
Richtig dämlich wird es aber, wenn man nicht nur lenken, sondern etwas auf ein neues Zukunftsziel hin ausrichtet, auf welches der Markt der Milliarden Teilnehmer von selbst partout nicht kommen will. Das könnte man dann z.B. Energiewende nennen, oder "zukünftige Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern".

Dazu "fördere" man Unsinn, wie teure Zufallsenergie, bis er der Wirtswirtschaft und deren Kunden zu den Ohren rauskommt. Anschließend erst mache man sich Gedanken, wie man den Kram wieder passend in die Landschaft bekommt, und brüte so lustige Sachen aus, wie die, einfach mal ungefragt ein skandinavisches Land überfluten zu wollen. Sollte das in absehbarer Zeit nicht durchsetzbar oder technisch möglich sein, fange man an, das fehlende Groß-Wasserspeichervolumen durch Millionen private Elektroautos zu ersetzen.

Hier beißt sich aber was, denn wir haben keine Millionen private Elektroautos. Nicht mal tausende. Naja, obwohl ... vielleicht sind es ja mittlerweile mehr als 101 geworden.
Trotzdem, hier kommt das Subventionsmodell an seine Grenzen, denn anders als bei der privaten PV-Panele bekäme ein E-Auto Käufer ja kein Ertragsversprechen über die nächsten zwanzig Jahre. Nö, der soll die Schüssel für sein Privatvergnügen kaufen und sich zusätzlich an der batteriemordenden EE-Speicherung beteiligen.

Da hat er aber keine Lust zu, denn das "Vergnügen" scheint es niemandem wert zu sein, und somit fällt auch die Zwangsspeichermöglichkeit flach.
Das Elektroauto ist die Hoffnung einer ganzen Branche, doch die Käufer wollen sie selbst in der Not nicht haben. Das zeigt jetzt eine weltweite Umfrage: Statt sich ein Elektroauto anzuschaffen, erwägen viele Fahrer bei weiter steigenden Spritpreisen ganz auf das eigene Fahrzeug zu verzichten.
Hoppala! Wer hätte das gedacht?

Die autobewerbende Branche anscheinend nicht. Bis vorgestern war aus technischen Gründen mein Internetzugang gestört, und so kam ich mal wieder dazu, den Fernseher abzustauben. Ich weiß nicht, wie oft mir in der Flimmerkiste die elektrische Zukunft des Automobils nähergebracht werden sollte, aber es war schon auffällig, wie stark hier doch Werbeaufwand und Ergebnis zu differieren scheinen.
Denn nun kommt auch noch diese Nachricht rein:
"Vollbremsung bei General Motors: Der Opel-Mutterkonzern bleibt auf den teuren Elektroautos Volt und Ampera sitzen - und stoppt für fünf Wochen die Produktion. Der überproduzierte Bestand reicht noch Monate."
Jo, weil dort der Bestand noch für Monate reicht, stoppt man für 5 Wochen die Produktion der teuren Stromis. Nach dieser kurzen Pause wird bestimmt jede Menge Bedarf dafür bestehen. Ganz sicher!

Könnte es eventuell sein, dass man bei GM schon neuere Pläne der Bundesregierung vorzuliegen hat, nach denen hierzulande eine Mischförderung aus Abwrackprämie für Verbrennungsmotor-Fahrzeuge plus einer quersubventionierten Garantievergütung für den Strombezug von E-Autos angedacht sein soll? Vielleicht irgendwelche Gelder, die man bei der Solarförderung jetzt einzusparen gedenkt?

Denkbar wäre hier ja alles. Energiewende muss ja sein, Träume dürfen sich nicht als solche entpuppen und Blasen nicht platzen. Auch wenn CO2 nun nicht mehr sakrosankt ist, und Peak Oil auch noch abgesagt wird ...

E-Opel darf nicht sterben!

Montag, 27. Februar 2012

496 Entscheider

496 Abgeordnete des Deutschen Bundestags haben heute also mit Ja gestimmt. Zum zweiten Hilfspaket, nachdem das erste schon wirkungslos verdampft ist.

Okay.

496 Volksvertreter haben im Namen der von ihnen vertretenen 82 Millionen Bundesbürger eine Finanzspritze von 130 Milliarden Euro abgesegnet.

Dies nachdem schon bekannt war, dass das zweite wahrscheinlich nicht das letzte "Hilfspaket" bleiben wird.

Hm.

496 Abgeordnete geben also noch gar nicht eingenommenes Geld in Höhe eines knappen halben Bundeshaushalts frei, und werfen es in ein erkennbares Fass ohne Boden.

Obwohl ca zwei Drittel der Bürger dagegen sind.

Tja, ob sich jeder der 496 Mandatsträger darüber im Klaren ist, dass seine hier gegen den abgefragten Volkswillen stehende Stimme Zweihundertzweiundsechzig Millionen, Sechsundneunzigtausendsiebenhundertvierundsiebzig Euro Zwanzig (262.096.774,20 €) in den Reißwolf schickt?

Ob die das auch so locker handhaben würden, wenn sie hier nicht über das Geld anderer Leute, sondern über eigenes entscheiden würden? 262 Mio? Pro Nase? Respekt!

Wie schön wäre es doch, wenn man sie dafür mal irgendwann zur Rechenschaft ziehen könnte. Wenn die Kohle später wie erwartet weg sein wird, könnte dann jeder seinen persönlichen Anteil daran abstottern.


Frank Schäffler dazu heute: Ein einsamer Rufer in der Wüste. Und das Parlament ... schwatzt.

Sonntag, 19. Februar 2012

Ringelreih'n der Gladiatoren

Aktualisierung unten!

Wir wollen unser'n alten Kaiser Wilhelm wiederhaben! Und wir kriegen - wahrscheinlich - 'ne Wurst. (zum Glück doch nicht!)

Hach ist das spannend! Schon als Christian Wulff sein Schloss noch verzweifelt verteidigte, wurden schon Namen für seine Nachfolge gehandelt. Zeitgeistgemäß sollte der neue Schlossherr, die neue Schlossherrin irgendwie angegrünt und sozial erscheinen.

Die bürgerliche Regierungsmehrheit nimmt für sich ja das Erstvorschlagsrecht in Anspruch, ist sich aber bewusst, dass sie gegen den Linksblock keinen dezidiert Konservativen durchbekommt.
Nebenbei ... ich glaube, sie selbst will das auch gar nicht. Man gibt sich ja modern. Der dahingegangene Patchwork-Präsi Christian "Islamintegrator" Wulff kann ja als erster Entwurf eines modernen Konsens-Präsidentens gewertet werden.

Andererseits ist es dem Volk anscheinend völlig Latte, ob der Aspirant schon mal eine UN-Umweltorganisation oder die evangelische Kirche Deutschlands geleitet hat. Dort, in den Schrebergärten, Baubuden und Cappuccino-Ausschankstellen der Republik bevorzugte man meiner Ansicht nach durchgängig den "zweiten Sieger" der letzten drei Wahlgänge - Joachim Gauck.

Und dieser ist ja bisher weder durch grüne Umbaufreude noch als Wegweiser zum Sozialismus aufgefallen.

Sei's drum. Die ersten gehandelten Kandidaten der Zeit vor dem Rücktritt waren :

Katrin Göring-Eckardt (Grüne, EKD-Hauptfrau)
Klaus Töpfer (CDU-Ticket, UN-Irgendwas für Grünes)
Norbert Lammert (CDU-Ticket, als Bundestagspräsident eh zweiter Mann im Staate)
Joachim Gauck (parteiloser Bürgerrechtler, Stasi-Aufklärer, ehemaliger Kandidat von SPD und Grünen)

Dann bekam, dem Ereignis geschuldet, das Kandidatenkarussell Schwung. Ich weiß nicht, ob da die Möchtegerns reihenweise die Finger hoben, oder ob Hinterbänkler und Redaktionen nur ihre Vorstellungen äußerten, um auch mal was sagen zu können. Ich vermute Letzteres.

Der Tag des Rücktritts - Freitag, der 17.Februar 2012: 

Aus diversen redaktionellen und politischen Meinungsäußerungen, sowie Leserabstimmungen destillierten sich folgende Kandidaten:


Katrin Göring-Eckardt (Grünen-Ticket, Gutmenschenticket, EKD-Hauptfrau)
Klaus Töpfer (CDU-Ticket, UN-Irgendwas für Grünes)
Norbert Lammert (CDU-Ticket, als Bundestagspräsident eh zweiter Mann im Staate)
Joachim Gauck (parteiloser Bürgerrechtler, Stasi-Aufklärer, ehemaliger Kandidat von SPD und Grünen)
Thomas de Maizère (CDU-Ticket, Politadel, derzeit Verteidigungsminister)
Wolfgang Schäuble (CDU-Ticket, ehem. Kronprinz, ewiger BuPrä-Kandidat, derzeit Finanzminister und zukünftiger ESM-Gouverneur)
Margot Käßmann (SPD-Ticket, Gutmenschenticket, gefallene Bischöfin der Herzen, Schutzheilige der automobilen Weinliebhaber)
Ursula von der Leyen (CDU-Ticket, Mutti-Ticket, Powerfrau-Ticket)
Frank Walter Steinmeier (SPD-Ticket, Schröder-Imitator, BT-Wahlverlierer, diplomatischste Schneeeule der Sozialdemokratie)
Theo Waigel (CSU-Ticket, hohe Augenbrauenbekanntheit, ER brachte uns den Euro!)


Wenn man sich die Liste mal anguckt, fallen einige Kandidaten wohl von Vornherein aus der Wertung. Die Vita eines zukünftigen Staatsoberhauptes sollte besser keine Anknüpfpunkte für Kritiker und Verächtlichmacher bieten. Noch einen Präsidenten mit Spottnamenpotenzial oder erklärten Gegnern sollte uns die Politik besser nicht bieten. Sonst könnten sie den Job demnächst nämlich wirklich bei Ebay verticken - dann ist jeder Respekt verlorengegangen.

Es fallen (für mich) also aus: Waigel, der Euro-Unglücksbringer und seitdem in der Versenkung Verschwundene. Uschi vdL, die vielleicht bei CDU-Frauen gut ankommt, aber seit ihrer Internetsperren-Paranoia nicht nur bei der linksgestrickten jüngeren Generation als böse Hexe verrufen ist.
Käßmann? Nicht wirklich. Nicht mehr nach ihrer berühmten Autofahrt.
Steini, die Schneeeule ist wohl nicht ernst gemeint, oder? Was sollte ihn ausgerechnet dazu qualifizieren Bundespräsident zu werden? Die Deutschen haben ihm doch bisher doch schon jeden Wahlerfolg versagt.
Schäuble, der ehemalige Kofferträger Kohls? Sorry, wollen wir echt einen Bundespräsidenten, von dem in letzter Zeit Bilder in SS-Uniform aufgetaucht sind?

Hm, für mich lichten sich die Reihen also schon deutlich. Für die veröffentlichte Meinung noch nicht.

Tag 1 nach dem Rücktritt - Samstag, der 18.Februar:

Neu herein kommt Andreas Voßkuhle. Man hat sich daran erinnert, dass man mit Roman Herzog ja schon einmal Glück mit einem Verfassungsrichter im Schloss Bellevue gehabt hatte. Nach kurzer Bedenkzeit lehnt dieser jedoch dankend ab. Man hätte ihn dem gemeinen Volk sowieso erstmal vorstellen müssen, und ich glaube nicht, dass die Deutschen, die ja meiner Ansicht nach einen Ersatzmonarchen haben wollen, mit einem Unbekannten zufrieden wären. Also Voßkuhle raus.

Dafür kommt nun Bischof Wolfgang Huber als Neuer in die Lostrommel. Nach Göring-Eckardt und Käßmann der dritte Kandidat mit religionsbürokratischem Hintergrund. Ebenso neu sind Hans-Gert Pöttering, Jutta Limbach, Richard Schröder und der Elder Statesman Klaus von Dohnanyi. Überhaupt überschlägt sich Spekulationskarussell geradezu.

Offiziell aus der Wertung fallen jetzt nacheinander Norbert Lammert und Thomas de Maizère wegen eigener Absage. Inoffiziell aus dem Rennen sind Joachim Gauck (Mensch Mutti!!! Kannst du nicht mal über deinen Schatten springen?), Katrin Göring-Eckhardt und Klaus Töpfer. Dohnanyi hingegen wäre wohl doch etwas zu alt für den Job.
Uschi vdL und Schäuble kommen als amtierende Minister wohl auch nicht infrage.

Ein Spitzenvorschlag kommt dagegen aus einer an der offiziellen Kandidatensuche unbeteiligten Ecke der liberalen Blogosphäre. Der Name Asfa-Wossen Asserate wird dankenswerterweise von Ulrich Elkmann in Zettels kleinem Zimmer ins Spiel gebracht, und auch vom Hausherren gewürdigt.

Tag 2 nach dem Rücktritt - Sonntag, 19.Februar:

Bisher sind mir zumindest noch keine neuen Absagen bekannt geworden, dazugekommen ist allerdings der Name Petra Roth. Was auch immer die Frankfurter Oberbürgermeisterin dazu qualifizieren mag.

Stand zur Mittagszeit nach meinem Kenntnisstand also wie folgt:

Margot Käßmann
Frank-Walter Steinmeier
Theo Waigel
Wolfgang Huber
Hans-Gert Pöttering
Jutta Limbach
Richard Schröder
Petra Roth

Okay ... ich denke, diese Liste spricht für sich. Unser Kandidatenkarussell ist eine Wertigkeitszentrifuge. Die gewichtigsten Brocken fliegen nach und nach raus, manch Leichtgewicht bleibt dagegen unbeachtet kleben, weil sich schon niemand mehr daran erinnert.

Meiner Meinung nach wird es wohl keiner der Übriggebliebenen werden. Wenn doch, dann ist es letztlich auch egal und zeigt nur noch einmal deutlich, dass sich in der bunten Konsensrepublik keine wirklichen Schwergewichte halten können.
Ich würde ja gern mit dem Satz "Es bleibt spannend!" schließen, aber derzeit ist wohl die Luft raus. Hoffentlich kommt da noch was Besseres.

(Irrtümer und Änderungen vorbehalten, notwendige Richtigstellungen werden gern entgegengenommen.)


Nachtrag 20:45 Uhr:


Quieeetsch! Das Kandidatenkarussell hat nun doch abrupt gestoppt. Nach übereinstimmenden Eilmeldungen der berichtenden Medien haben sich Koalition und Opposition auf den vormaligen Kandidaten von SPD und Grünen geeinigt. Der bisher in allen ernstgemeinten Umfragen in Front liegende "Kandidat des Volkes" hat nun auch die Zustimmung aller größeren parteipolitischen Gruppen Deutschlands, und wird damit wohl der nächste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Herzlichen Glückwunsch
Joachim Gauck
Vorausgegangen ist die einstimmige Entscheidung des Präsidiums der FDP für den besten Mann, mit dem durchaus vorhandenen Risiko damit die Koalition aufs Spiel zu setzen. Bis zuletzt zeigte sich die Union hartleibig, da sie hierbei eingestehen musste einfach keinen besseren als den gegnerischen Kandidaten präsentieren zu können.
Nun musste Mutti halt doch mal eine Niederlage eingestehen, hat aber am Ende doch noch Größe gezeigt. Trotzdem geht mein ungeteilter Dank an dieser Stelle an das Präsidium der 
Freien Demokratischen Partei - Die Liberalen

Samstag, 18. Februar 2012

Wohin mit Schäuble?

Jetzt wo der Wulff erlegt ist, dreht sich hurtig das mediale Kandidatenkarussell. Honorige Männer wie Joachim Gauck, Thomas de Maizière und Norbert Lammert werden da gehandelt. Auch Wolfgang Schäuble gehört zum Kreise derer, denen man den Job zutrauen würde.

Aber warum sollte Schäuble sich sowas antun? Ein Amt in gleißendem Scheinwerferlicht und ohne wirkliche Macht? Wäre es da nicht besser, einen Job mit unumschränkter Macht, totaler Immunität und ordentlicher Gage zu bekommen? Nicht grell ausgeleuchtet, sondern im streng abgeschirmten Finanzführerbunker? Einen Job wie es ihn bisher in den modernen Demokratien Europas noch nie gab?

Was für ein Amt sollte das denn sein? Gouverneur!


Hier in Auszügen die
Warnung an MdBs (II): Der ESM-Bank-Vertrag vom Steuerzahlerbund in klarem Deutsch kommentiert
Und hier dazu der ESM-Vertrag zum mitlesen.

E S M: Rechtliche und wirtschaftliche Analyse
Zusammenfassung und kritische Würdigung

1. Die Regierungsspitzen der Euroländer gründen die erste europäische, supranationale, ESM-(Mega)-Bank. Diese ist von Lizenzierung befreit (Art. 1, Art. 32, Abs. 9).

2. Die ESM-Bank erhält Blankovollmacht, unbeschränkt Geschäfte jeder Art mit jedermann abschließen (Art. 3).

3. Zur Ermöglichung des Plans „ESM-Bank“ werden den schwachen Euro-Ländern, da diese im Eurosystem an Zahl überwiegen, Stimmrechtsvorteile eingeräumt (Art. 4).

4. Die 17 an der ESM-Gründung beteiligten Finanzminister bilden den rechtlich unantastbaren Gouverneursrat der ESM-Bank (für die BRD: Dr. W. Schäuble). Dieser hat totale Kontrolle und letzte Entscheidungsmacht in allen finanziellen, sachlichen und vor allem personellen Dingen der ESM-Bank. Jeder Rat hat einen Stellvertreter (Art. 5).

5. Die Gouverneure setzen sich ihr Gehalt und das ihrer Direktoren geheim in unbekannter Millionenhöhe selbst fest (Art. 5 Abs. 7 (n), Art 34).

6. Das Aktien-Haftungs-Kapital der ESM-Bank beträgt (zunächst) € 700 Milliarden, aufgeteilt in (a) € 80 Milliarden einzuzahlende Aktien und (b) € 620 Milliarden abrufbare Aktien. (Art. 8 Abs. 1). Die Gouverneure können das Haftungs-Kapital durch Ausgabe neuer Aktien bis in Billionenhöhe (c) beliebig erhöhen (Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 1).

7. Im Verlustfall und aus sonstigen Gründen muss nicht eingezahltes ESM-Haftungskapital binnen 7 Tagen eingezahlt werden. Kann ein Mitglied nicht zahlen, wird der dann offene Betrag auf die übrigen Aktionäre umgelegt (Art. 9, Art. 10, Art. 25 Abs. 1 c, 2).

8. Wird das Aktienkapital nicht erhöht (Ziff. 6), haften die Deutschen, je nachdem wie viele ESM-Aktionäre zahlungsunfähig werden , für (Minimum) 27 % - x % (Maximum 100 %) aus € 700 Mrd. Wird das Aktien-Haftungs-Kapital durch Wagemut oder gar Dummheit der Gouverneure erhöht (Art. 8, Art 10), kann sich daraus erhöhte Haftung über € 700 Mrd. hinaus ergeben (Art. 9, Art. 10, Art. 25 Abs. 1 c, 2).

9. Die ESM-Bank kann: (A) Euro-Ländern Überziehungskreditlinien einräumen, Art 14, (B ) Banken finanzieren, Art. 15; (C) Euroländern Kredite geben, Art. 16; (D) von Euro-Ländern direkt Staatsanleihen ankaufen, Art. 17; (E) von Euro-Ländern indirekt Staatsanleihen ankaufen, Art. 18; (F) diese Liste ändern, also auch erweitern, Art. 19; (G) Zinspolitik betreiben , Art. 20; (H) Eurobonds herausgeben, Art. 21. – Summa summarum kann die ESM-Bank Finanzgeschäfte jeder Art und Höhe betreiben. (Art. 14 – 21).

10. Die ESM-Bank-Geldoperationen (A), (C), (D), (E) sind umschuldende Staatsfinanzierung schwacher Euroländer zu Lasten der Bürger der starken Euroländer, insbesondere Deutschlands. Die Bankenhilfe (B ) fließt an die Gläubiger der notleidenden Banken. Die Finanzierungen umfassen immer Neuschulden und Altschulden (seit zumindest 1999).

11. Art. 21: Die ESM-Bank kann unbegrenzt (Refinanzierungs-)Kredit/Geld aufnehmen um damit die Schulden schwacher Euro-Länder/Banken zu finanzieren. Diese neuen ESM-Schulden werden durch das Aktienkapital der ESM-Bank (mindestens € 700 Mrd.) gedeckt, für dessen Einzahlung die Länder/Bürger haften. Wegen des Dominoeffektes haften im Ernstfall die deutschen Bürger in voller Höhe von € 700 Mrd. (ggf. erhöht gem. Art.10!) für alle vom ESM aufgenommenen und in Europa verteilten Gelder/ Kredite. Art. 21 führt also Eurobonds ein, ohne dies auszusprechen.  Gleichzeitig wird damit auf alleiniges Risiko der Bürger ein Schneeballsystem der Kreditfinanzierung aufgebaut.

12. Die ESM-Kredite (Art. 14, 15, 16) haben bei Konkurs eines Eurolandes (etwa Griechenlands) Nachrang gegenüber IWF-Krediten. Daraus folgt – wie jeder nachrangige Gläubiger weiß - ein massiv erhöhtes Verlust/Haftungs-Risiko (Präambel, Abs. 13, Abs. 14).

13. Die indirekten Aktionäre der ESM-Bank, die zahlenden und haftenden Bürger der Euro-Länder (insbes. die deutschen), haben keine Möglichkeit die Geschäfte der ESM-Bank durch Bestellung unabhängiger externer Prüfer auf ordnungsgemäße, sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Solche Prüfungen sind ausgeschlossen (Art. 26 – 30).

14. Die ESM-Bank und ihr Vermögen etc. pp. genießen absolute Immunität und können nie und nirgendwo vor Gericht belangt werden. Gerichtliche oder gesetzgeberische Maßnahmen gelten für sie in Zukunft nicht mehr.  Die ESM-Bank ihrerseits hat Klagerecht gegen jedermann. (Art. 32)

15. Die ESM-Bank ist von Kontrollen und Lizenzen jeder Art befreit (Art. 32 Abs. 9).

16. Die Gouverneure (incl. Dr. Schäuble) und alle sonstigen Mitarbeiter der ESM-Bank haben jetzt und für alle Zukunft Schweigerecht und Schweigepflicht und sichern so die Geheimhaltung (a) ggf. der Operationen der ESM-Bank, (b) ihre eigenen Aktivitäten innerhalb der ESM-Bank und insbesondere (c) die Bestimmungen von Art. 32, 34 - 36 ab.

17. In ihrem ureigenen Interesse genießen alle Gouverneure (incl. Dr. Schäuble), Direktoren etc. pp der ESM-Bank samt Schriftwerk Immunität von jeglicher Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer geschäftlichen (nicht amtlichen!) Tätigkeit für die ESM-Bank, gleich ob sie hunderte Milliarden Euro verschleudern, vernichten oder veruntreuen (Art. 35).

18. Die Gehälter der Gouverneure (s.o. Ziff. 5), der Direktoren und sonstigen Mitarbeiter der ESM-Bank sind von allen (auch indirekten) Steuern und Abgaben vollständig befreit. Die Gehälter - unter dem Rang der Gouverneure – unterliegen einer vom Gouverneursrat festgelegten internen Steuer an die ESM-Bank, Art. 36 Abs. 5.

19. Das Volumen der (konsolidierten) Darlehensvergabe von ESM und EFSF ist unbegrenzt und nur in der Übergangsphase auf 500 Milliarden EUR beschränkt (Art. 39, Art 10).

20. Da der jeweilige nationale Regierungschef seinen Finanzminister auf unbestimmte Zeit bestimmt und dieser die jederzeit widerrufbare Position des Gouverneurs besetzt, wird es zu extremen Machtkämpfen um den Posten der Finanzminister und chaotischen Zuständen in der ESM-Bank bei jedem Wechsel des Finanzministers und der Regierung kommen.

21. Mit Ratifizierung des ESM-Vertrages besiegeln die deutschen Bundestagsabgeordneten das Ende ihrer eigenen demokratischen, nationalen Rechte (Art. 47 Abs. 1).

(Veröffentlicht von Peter Boehringer, Änderungen meinerseits nur die weggelassenen Hervorhebungen betreffend, Genehmigung zum Kopieren laut Text erteilt)

Ganz ehrlich, warum sollte Schäuble da ausgerechnet Bundespräsident werden wollen? 

Freitag, 17. Februar 2012

Wer braucht einen Bundespräsidenten?

Wir brauchen einen Neuen. Wieder einmal. Nachdem Horst Köhler erst vor Kurzem das Präsidentenamt niedergelegt hat, wurde jetzt auch Christian Wulff dort nicht alt.
Köhler sah den "Respekt vor dem Amt" beschädigt, als er sich nichtiger Vorwürfe von linker Seite aus ausgesetzt sah, bei Wulff war es so, dass die politische Klasse das höchste Staatsamt sehenden Auges aus den ihm gebührenden höheren Sphären in die Niederungen von Tagesgeschäft und Boulevard gezogen hat. Einfach, indem sie einen der ihren, einen Politkarrieristen, auf den Thron hob.

Nicht dass ich damit sagen will, dass Politiker per se im Laufe ihrer Karriere zwangsläufig Flecken auf der Weste davontragen müssten, aber die Wahrscheinlichkeit ist schon sehr groß, dass der frühere Umgang mit manch Gegner oder Unterstützer nicht spurlos geblieben ist.

Und da haben wir die Frage, wer denn eigentlich einen Bundespräsidenten braucht. Die politische Klasse? Ja, weil er im Grundgesetz vorgesehen ist, und weil er eine Art herausgehobene Spielfigur im Politschach darstellt. Relativ unangreifbar, relativ zahnlos, aber als sozusagen übergeordnete Instanz - fernab politischer Schlammschlachten.
Im Grunde genommen ist er aber eigentlich eine Art Mann fürs Volk.

Das wird auch deutlich, wenn man das Prozedere seiner Wahl betrachtet. Nicht die Volksvertreter kungeln einfach einen der ihren aus, sondern die nur zu diesem Zwecke berufene Bundesversammlung tritt zu dessen Wahl zusammen.
Dass diese auch nach politischem Proporz unter Einbeziehung von Prominenten (als Volksersatz) zusammengesetzt wird, ist meiner Ansicht nach als Grundfehler zu betrachten, was uns mit Christian Wulff wieder einmal vor Augen geführt wurde.

Was hat nun aber das Volk von einem Bundespräsidenten? Vom manchmal despektierlich Bundesgrüßaugust genannten Amtsträger?

Ganz einfach. Im Idealfall ist er unparteiische Instanz, respektierter Repräsentant und moralischer Fixpunkt im Staatswesen. Ein Fels in Tide und Brandung, den sogar die politischen Grabenkämpfer respektieren müssen.

Vom Volke gewollt wäre etwas, das seit hundert Jahren der Vergangenheit angehört. Ein Ersatzmonarch! Möglichst edler, weiser und unabhängiger Richter zwischen Volk und Volksvertretern, sowie Repräsentant des Landes. Nicht mal unbedingt des Staates.

Und wie es Monarchen so an sich haben, sollte dieser im Grunde ein Konservativer sein. Ein Bewahrer vor allzu heftigen Ausschwüngen des Zeitgeistes. In diesen Hermelinmantel nun passt ein Parteikarrierist aber zwangsläufig nur bedingt hinein.

Leider bedingen die Aufgaben als Staatsoberhaupt, dass der Aspirant irgendwie aus den Reihen der staatstragenden Klasse stammen muss. Wobei ich da allerdings nicht verstehe, wie man 2004 ausgerechnet auf Gesine Schwan gekommen ist.
Könnte das Volk direkt wählen, würde ich Günter Jauch sehr gute Chancen einräumen wollen. Auch er ein intelligenter und allseits geachteter Mann. Wie ich ihn einschätze, ein im Grunde Liberalkonservativer.
Joachim Gauck wäre bei direkter Wahl wohl auch sofort ins Bellevue eingezogen. Von der Linken lediglich nominiert um die Wahl eines Merkel-Kandidaten zu erschweren, wäre er nicht nur in meinen Augen wohl ein Präsident gewesen, der die Rolle des obersten Bürgers auf geradezu ideale Weise hätte ausfüllen können.

Wir werden aber nach Christian Wulff höchstwahrscheinlich wieder einen halbgewalkten politischen Kompromisskandidaten präsentiert bekommen. Da geht es um politische Weichenstellungen für die Zukunft, und um die Verhinderung einer allzu unangenehmen letzten Instanz bei Gesetzesvorhaben.

Wer es werden wird? Ich sehe momentan keinen Kandidaten mit dem, meiner Ansicht nach, nötigen Charisma innerhalb der politischen Klasse. Gleichwohl kann es auch mal Überraschungen geben. Roman Herzog war mir vor seiner Amtszeit auch relativ unbekannt, hat die Rolle dann aber doch hervorragend ausgefüllt.

Es wäre schön, wenn wir nach dem pflichtschuldig zum Präsidenten gemachten SPD-Mann Rau, nach dem blassen Horst Köhler und dem von Anfang an untragbaren Politkiesel Christian Wulff mal wieder ein Repräsentanten bekämen, zu dem das Volk auch respektvoll aufblicken könnte.
Alles andere beschädigt nämlich das Amt.

Politikpräsentierende, labernde Anzugträger aus der Medienwaschmaschine haben wir wahrlich schon genug.

Nachtrag: Ich stimme Vera Lengsfeld uneingeschränkt zu.

Nach-Nachtrag: Auch sehr gut, Rayson bei B.L.O.G: Mein nächster Bundespräsident

Mittwoch, 8. Februar 2012

Merkwürdiges aus der Musikmode

Rumms - Bumms macht der Drumcomputer, eine Elektronik-Quäke steigt ein und sogleich beginnt des Sängers Darbietung. Zum sehr, sehr zappelbudengängigen Dööp - Dööp - Dööp - Dödel - Dööp - Dööp -Dööp - Dödel - Dööp - Dööp - Dööp - Dödel ... u.s.w. erfreute mich mein hiesiges Radio während der Heimfahrt mit folgenden ach so frischen Textzeilen:
Wer wird denn rumstehen?
Wir wollen euch tanzen sehen!
Die Arme in die Höhe
und die Hüfte kreisen!
Wer wird denn rumstehen?
Wir wollen euch tanzen sehen!
Und dann laut rumschreien
oder gehört ihr zu den Leisen?
Wer wird denn rumstehen?
Wir wollen euch tanzen sehen!
Beats für die Beine
und 'ne Message für den Verstand.
Ah ja. Okay - nicht gerade der "Größte Hits" - Stoff, aus dem der marktgängige Dudelfunk geknetet wird, von daher ja - ganz nett. Denn nichts ödet mich mehr an als der permanente Einsatz von Phil Collins, Udo Lindenberg und Brian Adams im viel zu verbreiteten Endzeitradio. Also, warum nicht mal Zappelmucke? Gut' Dingen!

Da war doch aber gerade eben noch die Rede von einer Message für den Verstand, oder vielmehr den Ver-Stand, wie es das unerbittliche Versmaß gebietet? Also, was ist nun deine Botschaft, du coole Sau? Du plastikraviger Tanzbodenchampion und unerschrockener Erstürmer der trutzigen Feste Formatradio - Was in Gottes Namen willst du mir und deinen Fans denn wichtiges offenbaren? Womit meinen Verstand befruchten?
Wer wird denn rumstehen?
Wir wollen euch tanzen sehen!
Heute heißt die Devise:
Raven gegen Deutschland!
Wat? Äh, nochmal?
Raven gegen Deutschland!
Ja, öhm ... das ist also die Message? Die ganze Aussage? Anscheinend, denn mehr kommt da nicht. Im ganzen Song nicht. Nur diese eine Zeile, ein ums andere mal.

Also ich bin ja nicht gerade unerfahren in puncto Anarchopunk und Verwandte. Hab schon viele geile Konzerte und Open-Airs besucht, in denen Deutschland das baldige Ableben gewünscht wurde, wo es das Maul halten, oder etwas auf selbiges bekommen sollte, es sollte wahlweise verrecken oder sterben müssen etc. pp.
Okay, aber da gab es auch irgendwie immer gute Gründe, die da aufgeführt wurde. Bullenschweine, Staatsgewalt, überall verkappte Nazis. Ausländer- und Linkenfeindlichkeit sowieso, regiert von den Bossen und ihren rechten Politmarionetten. Kenne ich alles.

Aber Zappelmusik ohne tieferen Textsinn mit der Message "Raven gegen Deutschland" zu verbinden ... das hat dieses Land nun aber doch nicht verdient. Ehrlich nicht. Das ist dann doch zu dünn.
Erst ist die Anarchomucke anscheinend auf den Rave gekommen (hier noch nichtmal auf den besonders eigenständigen), und dann auch noch von der Großraumdisse ins Privatradio.

Was für ein Abstieg! Ohwei, fast tun mir die vielen ehrlichen deutschlandablehnenden Musikfreunde leid. Was hat uns der wackere Band-Frontmann nicht früher alles so mitgebracht. Adrenalinstöße von der Bühne rein in die wogende Pogo-Pit, Parolen die das linke Herz erfreute - wo man mitgrölen konnte bis die biergetränkten Stimmbänder aufgaben. Und heute?
"Wir haben euch was mitgebracht!"
Was? Was? Was?
Nee, nicht was ich früher erwartet hätte. Sowas wie Hass! Hass! Hass! oder so ... sondern, quasi politisch korrekt:
Bass! Bass! Bass!
Na Mahlzeit! Voll auf den Hund gekommen, die Chose. Gabs früher die Mucke aus der angeranzten Secondhand-Kaschemme, kommt heute das musikalische Wegwerfprodukt für antideutschen Alltagsgebrauch direkt aus dem Billigfashionladen. Motto: "Lasst eure Hüften kreisen, zu unser'n bill'gen Preisen!" - Würg.

Meine Güte, ich lasse ja jedem sein Deutschland-Ressentiment. Wirklich! Ganz ehrlich! Ich nenne die bunte Republik ja durchaus auch gerne Irrenhaus oder Deppenrepublik. Wenn Dietmar Wischmeyer seine Reisegeschichten aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten zum Besten gibt, dann bleibt mir meist nur ein ganz heftiges Kopfnicken, dann ergreift mich das heimelige Gefühl, dass es da draußen noch andere gibt die so denken wie ich. Also nochmal - ja von mir aus - raved doch gegen Deutschland. Aber sagt mir doch um Himmels Willen warum!


Hier noch was aus der taz zu unserem Sänger. Da erfahren wir dann auch, dass sich die Formation zum kommunistisch-israelsolidarischen "antideutschen" Teil der deutschen Linken zählt. Na, wenigstens haben wir auch etwas gemeinsam. :-)

Montag, 6. Februar 2012

Begrifflichkeiten: Spekulanten

Ein Großteil unserer Kommunikation besteht aus Begriffen, die sofort gute oder schlechte Assoziationen hervorrufen. Manchmal sind diese Assoziationen einem Wandel des Zeitgeists unterworfen (Volk, Nation), manchmal hängt es vom Kontext (liberal), einem Beiwort (Finanz-Markt) oder einer Vorsilbe (neo-) ab, ob der Begriff nun positiv oder negativ besetzt wahrgenommen wird.
Es gibt auch Begriffe, die sich in der allgemeinen Wahrnehmung von ihrer eigentlichen Definition fast verabschiedet haben. Da mutiert ein eigentlich präziser Begriff zum gängigen Schlagwort, welches nur noch eine (gewünschte) Assoziation hervorrufen soll, ohne das noch irgendjemand nachdenkt was dieser Begriff genau beschreibt (Kapitalismus).

Es ärgert mich manchmal sehr, wie oft doch mit solchen Begrifflichkeiten rumgeschludert wird, wie sie achtlos in die Diskussionsmanege geworfen werden und wie sie jeder in den Mund nimmt, ohne sich auch nur ein Mal Gedanken darüber gemacht zu haben.
Ich mache mir aber durchaus manchmal Gedanken darüber und werde hier unter der Rubrik "Begrifflichkeiten" ab und zu mal solche Worte auf ihren Hintergrund und ihre Bedeutung hin abklopfen. Nicht im Sinne einer präzisen Definition, sondern in der Bedeutung, die dieses Wort für mich hat, wenn ich darüber nachdenke. Also, ich will versuchen das nachzuholen, was viele bedenkenlose Begriffsnutzer Tag für Tag versäumen.

Spekulanten

Spekulanten sind so eine Art Volksschädlinge. Rücksichts- und gewissenlos attackieren sie unschuldige Währungen, oder treiben Lebensmittel- und Rohstoffpreise hoch. Damit stürzen sie ganze Volkswirtschaften ins Chaos, lassen armen Menschen nicht den Kanten Brot zum Überleben, und treiben Gewerbe wie Konsumenten in den finanziellen Ruin.

Fies sind sie, lichtscheu und hämisch. Grinsend reiben sie sich die Hände, wenn ihre Spekulation aufgeht und der Zaster in ihrem Beutel klingelt. Leidtragend sind dabei immer die Kleinen. Du, ich - Leute mit Gesicht und keiner Möglichkeit, sich gegen die gesichtslosen Spekulanten zu wehren. Oder auch Vater Staat, der allgütige - gegen die Spekulanten sieht er anscheinend keinen Stich, da endet seine Macht. Er wehrt sich zwar verzweifelt, bleibt aber doch oft hilflos.
Denn DIE haben das Geld, DIE haben die Möglichkeiten, DIE bewegen die Welt wie es ihnen passt - egal wer dafür über die Klinge springen muss.

Aber Moment mal! Gerade habe ich doch geschrieben, dass der Spekulant nur gewinnt, wenn sein Plan aufgeht - heißt das nicht auch, dass er sich selbstverständlich auch "verspekulieren" kann? Dass er sein Spiel verlieren kann und dabei Miese macht?
Klar heißt es das. Sonst wären Spekulationen ja keine. Könnte man von vornherein absehen, dass man auf jeden Fall gewinnt, stünde dies ja jedem risikolos offen. Mir, dir, und auch Vater Staat.

Erster Punkt: Der Spekulant kann nicht irgendetwas in seinem Sinne beeinflussen, er kann lediglich darauf hoffen, dass sich seine Vermutung, die Zukunft betreffend, bewahrheiten wird. Nur dann zieht er Gewinn aus seiner Wette. Deren Ausgang ist zum Zeitpunkt der Spekulation noch völlig offen.
Der Spekulant kann lediglich der Ansicht sein, dass er mehr oder bessere Informationen hat als alle anderen, oder dass er sie besser interpretieren kann. Dann spekuliert er - auf die Zukunft, die unbekannte.

Ja, aber trotzdem beeinflusst sein Wetteinsatz doch die Preise! Gleich ob er gewinnt oder verliert, er bringt Geld ins Spiel, welches vorher noch nicht da war. Also verzerrt er doch den Markt, verdirbt die Preise, stößt mit seiner Wette vielleicht noch weitere Spekulanten an, es ihm gleich zu tun!

Alles richtig, nur wirkt der Einfluss immer auf beiden Seiten. Im (nicht wertend) Positiven, wie im Negativen. Zuerst mal wird jeder zugeben müssen, dass zu einer Wette immer zwei Seiten gehören. Wenn z.B. ein Spekulant etwas kaufen will, dann muss er erst jemanden finden, der es ihm auch verkauft. Würden beide Seiten davon ausgehen, dass das betreffende Gut in der Zukunft teurer zu verkaufen wäre, dann würde der Verkäufer das ja nicht heute schon tun. Er könnte ja genauso auf die Zukunft hin spekulieren.

Es sei denn, er wäre dazu gezwungen, weil er derzeit z.B. zuviel dieser Ware hat und den Platz, oder das Geld braucht. Dann ist er wahrscheinlich froh, dass er im Spekulanten einen Käufer gefunden hat. Der Spekulant ist damit nur ein Kunde wie jeder andere auch - nur dass er gerade dann kaufen will wenn es sonst keiner tut. Sonst würden ihm die Preise ja nicht als zuschlagswürdig erscheinen.

Zweiter Punkt: Der Spekulant treibt keine Preise, sondern wirkt sogar preisdämpfend. Er kauft, wenn sonst keiner kaufen will, und nützt somit dem Verkäufer. Dieser bekommt Geld, kann damit weiter produzieren oder handeln und sitzt eben nicht auf zuviel Ware, die ihm Kosten bereitet und die er sonst vielleicht sogar unter seinem Einstandspreis verschleudern muss. Der Spekulant wirkt hier als zusätzlicher Kunde in schlechten Zeiten.

Wenn die Wette des Spekulanten nun aufgehen sollte und die Preise in der Zukunft wieder steigen, dann hat er alles richtig gemacht. Er kann seine günstig erworbene Ware, oder seine Option darauf, nun zu einem höheren Preis verscherbeln. Das macht ihn aber nicht zu einem Preistreiber, sondern wiederum zu einem Preisdämpfer. Die Ware ist ja nun teurer geworden, ganz ohne sein Zutun. Er kann jetzt aber als zusätzlicher Verkäufer auftreten, dem Markt davon geben was er anscheinend verlangt (der Preis zeigt das ja an) - und damit nimmt er Druck aus dem Kessel. Es ist mehr Ware da, die Preise sinken, was wiederum den Käufer freut.

Sollte unser Spekulant jetzt aber schief liegen und die Preise sind nicht gestiegen, dann hat er eben Pech gehabt und kann vielleicht noch auf einen anderen Spekulanten hoffen, der ihm seine Waren, oder Optionen abnimmt.

Anders herum funktioniert die Sache natürlich auch, auch wenn das ein bissl schwerer vorstellbar ist. Der Spekulant verkauft heute einem Kunden das Versprechen, ihm in der Zukunft eine Ware zu verkaufen. Er verkauft dieses Versprechen zu einem Preis der höher ist, als der, von dem er annimmt, dass dieser in der Zukunft für diese Ware zu bezahlen ist. In der Zukunft kann er dann, sofern die Wette aufgeht, diese Ware billig am Markt einkaufen, und dem Käufer, dem er gegen mehr Geld sein Versprechen gegeben hat, liefern.

Soweit klar? Damit hätten wir dann sogar schon eine Art Leerverkauf abgehandelt, der ja ebenso des Teufels sein soll wie der Spekulant himself. Es ist aber gar nicht so schwer sich vorzustellen, wie jemand etwas in die Zukunft verkaufen kann, das er in der Gegenwart noch gar nicht hat, wenn man sich Geschäfte mit Geld vor Augen hält, welches momentan ebensowenig verfügbar ist. Das nennt sich dann eben Kreditfinanzierung, und wird auch Kevin und Chantal bei jedem Elektrohöker angeboten.

(Der zweite Punkt beschreibt hier allerdings einen Idealzustand. Es gibt schon etwas, dass den selbstregulierenden Markt verzerrt. Dazu aber erst im letzten Abschnitt.)

Nach Punkt Eins und Zwei ist schonmal zu sehen, dass Spekulanten keine durchweg finsteren Bösewichte sind, die der Welt nur Schlechtes wollen. Sie möchten Gewinne aus ihren Aktionen ziehen, natürlich, aber da sowohl auf der einen, wie auf der anderen Seite spekuliert wird, und da diese Wetten sogar die zu heftigen Schwankungen dämpfen, sollten die handelnden Akteure nun nicht mehr ganz so negativ gesehen werden.

Natürlich wird es immer jemanden geben, der auf die Spekulanten schimpft. Er zieht ja auch zu hohe Preise runter - was einen Verkäufer nervt (dass dieser vorher einen zusätzlichen Käufer gefunden hat, vergisst er dabei). Er hebt auch, seiner Meinung nach zu tiefe, Preise an, was Schnäppchenjäger ärgern dürfte. Das diese aber vielleicht in Zukunft von gedämpften Preisen profitieren könnten, vergessen sie nun wieder.

Wie er's macht macht er's halt verkehrt - immer mal wieder für 'nen Anderen.

Wer sind nun aber diese Leute, die meinen mehr zu wissen als die anderen? Die auch mal antizyklisch agieren, dem Mainstream ein Schnippchen schlagen, und aus ihrem vermeintlichen Expertenwissen Gewinne erwirtschaften wollen?

Dritter Punkt: Eigentlich sind wir alle Spekulanten. Jeder handelt immer wieder mal spekulativ. Ob im täglichen Leben oder bei der Geldanlage - wir spekulieren darauf, in der Zukunft sagen zu können: Hey, das habe ich damals aber goldrichtig gemacht!

Ein einfaches Beispiel: Wenn ich mir heute eine Waschmaschine kaufen müsste, dann hätte ich die grobe Auswahl zwischen dem Niedrigpreissegment mit hohem Verbrauch, vielleicht nicht so toller Qualität und irgendwelchen Komfortmängeln die ich inkauf nehmen müsste. Ich könnte aber auch das gängige Mittelklasse-Segment bevorzugen, oder die hochpreisige High-End-Waschmaschine nehmen.

Womit werde ich in der nahen und fernen Zukunft wohl mehr Freude haben? Die Hochpreis-Maschine wird wohl für 20 Jahre ihren Dienst tun, jetzt spart sie bestimmt einiges an Energie- und Wasserkosten, ist komfortabel und bringt sehr gute Waschleistungen. Top! Kostet aber leider das Dreifache einer unteren Mittelklasse.
Billigst kommt nicht infrage, denn da ärgere ich mich wahrscheinlich vom Tage des Kaufs an, bis sie (möglichst schnell!) kaputt geht.

Meine Spekulation würde jetzt dahin gehen, dass die technische Entwicklung die zukünftigen Mittelklasse-Maschinen in 4 - 6 Jahren auf das Niveau des heutigen Besten bringen wird. In 10 Jahren wäre das heutige High-End Gerät wahrscheinlich hoffnungslos überholt. Da würde es sich also lohnen heute und dann in zehn Jahren wieder eine neue gehobene Mittelklasse zu kaufen.
Okay, aber ich spare ja über die ersten 10 Jahre einiges an Strom und Wasser? Richtig, aber ich denke auch (ich spekuliere), dass die Versorgungskosten über die Zeit linear ansteigen. Ich verliere also in Zukunft wahrscheinlich mit dem alten, ehemaligen Spitzenqualitätsprodukt mehr Geld, als ich heute und in nächster Zukunft einspare. Also werde ich wohl die beste Maschine nehmen die ich mir heute leisten kann, und sowohl auf den Billigheimer als auch auf das Luxusprodukt verzichten.

Sowas machen wir also jeden Tag - wir spekulieren bei all unseren Anschaffungen, die wir nicht sofort verbrauchen. Klamotten, Möbel, Autos,  ... alles persönliche Spekulationsobjekte. Das kreditfinanzierte eigene Heim ... der Inbegriff einer hochspekulativen Anlage!

Wie ist es aber nun mit der reinen Finanzspekulation?

Wer Geld übrig hat, und dieses auf seinem Girokonto rumgammeln lässt, nimmt sehenden Auges inkauf, dass die Inflation an dessen Wert knabbert. Jedes Jahr ein bisschen mehr. Ein absolutes Minusgeschäft.
Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Rente alles andere als sicher ist, sollte man schon etwas unternehmen um nach Beginn des Ruhestandes genug Reserven zur Verfügung zu haben. Irgendwie will man ja leben, und das möglichst nicht schlechter als zuvor. Also muss man sein Geld anlegen, es arbeiten lassen.

Ob man selbst an den Märkten operiert oder seine Kohle einem Fondmanager anvertraut, ob man riestert, rürupt, fondsspart, in Aktien oder Anleihen investiert - völlig wurst. Man spekuliert darauf, mehr rauszukriegen als man reingesteckt hat. Wenigstens die Inflationseinbußen sollten vermieden werden, also wird spekuliert. Je höher der Ertrag sein soll, desto höher ist gemeinhin das Risiko, je "sicherer" eine Geldanlage ist, desto geringer wird wohl die schlussendliche Ausbeute sein.

So, und da haben wir nun also auch die Spekulanten identifiziert. Es sind nicht alles irgendwelche "Zocker" die auf eigene Rechnung ihre Wetten platzieren, es sind auch nicht irgendwelche dubiosen "Mächtigen" die die Märkte manipulieren.
Es sind zum großen Teil wir selbst. Die schiere Masse der Kleinsparer. Nicht nur hier um den Kirchturm rum, sondern weltweit.
Auch die Firmen, deren Aktien wir oder unsere Fonds halten, spekulieren. Auf Grundstoffpreise, auf Schweinebäuche, auf Stromlieferungen. Besser so, als wenn es sie zufällig eiskalt erwischt (und damit auch ihre Kunden und Mitarbeiter).

Also - Spekulation ist was Normales, sogar etwas Nützliches. Spekulanten sind keine anonymen Finsterlinge, sondern auf irgendeine Art und Weise wir alle.

Wenn jetzt unsere Politniks rumjaulen, dass böse Spekulanten ihren schönen Euro attackieren würden, dann ist dazu nur zu sagen, dass bei einer starken und gesunden Währung niemand auch nur auf die Idee kommen würde, die Zukunft dieser Währung schwarz zu sehen. Auch hätte niemand die finanzielle Kraft um allein, gegen alle anderen, da etwas Sichtbares auszurichten.

Falsch ist auch das oft suggerierte Bild, dass jetzt die Spekulationshyänen über den Euro herfallen würden, nur weil er gerade einen Schnupfen hat. Keiner will den Euro totbeißen, man entzieht ihm nur einfach das Vertrauen. Noch kann einen ja niemand zwingen Euros oder PIIGS-Staatsanleihen zu kaufen.
Ich will ja die Billigwaschmaschine, oder ihren Hersteller auch nicht zerstören, wenn ich lieber ein anderes Produkt nehme.
Wenn der Hersteller mir aber anbieten würde, mir die Differenz zur Maschine meiner ersten Wahl zu zahlen, dann würde ich mir das vielleicht überlegen. Eventuell sogar öfters.

Aber dann muss er auch nicht rumheulen, dass ich ihn ruinieren will.

Begrifflichkeiten-Fazit: Das Wort ist, nicht erst seit heute, absolut rabenschwarz unterlegt. Es bezeichnet Personen, die sich in ihrem jeweiligen wirtschaftlichen Umfeld durchaus vernünftig verhalten, wenn sie sich absichern wollen. Oder aber sie handeln etwas wagemutiger, wenn sie bei winkenden Zugewinnen ein gewisses Risiko einzugehen bereit sind.
Nur sieht das keiner. Spekulanten sind immer die anderen, man selbst agiert natürlich im Rahmen des eigenen Horizonts lediglich vernünftig.
Spekulanten tauchen immer nur dann auf, wenn man selbst nicht an der Spekulation partizipiert. Man hat's verpasst, man steht selbst auf der Verliererseite, ein anderer hatte mehr Glück oder Geschick.

Missglückte Spekulationen (unglückliche Spekulanten) werden nur dann zu Kenntnis genommen, wenn der Schaden wirklich immens ist. Dann freut sich der Nichtbetroffene hämisch, und der unschuldig Betroffene verflucht die Gier <- des Spekulanten. Ist der Spekulant Politiker, und verzockt Steuergelder, dann haben stets die Märkte <- Schuld.

(So, und jetzt noch zur Einschränkung unter Punkt Zwei, wie sie sich mir als Laie darstellt: Ja, es gibt marktverzerrende Spekulationen, die die Preise treibt. Diese resultiert aber nicht aus dem Wesen der Spekulation an sich, sondern aus der Überversorgung mit billigem Kreditgeld. 
Normalerweise, wenn Geld nicht aus dem Nichts geschöpft werden könnte, wäre dessen Menge ja begrenzt. Das meiste davon wäre irgendwo investiert, in Gebrauch, was auch immer. Kredite wären teuer, da der Preis (der Zins) mit abnehmender Verfügbarkeit steigt. In unserer Papiergeldwelt aber, in der die Zentralbanken die Finanzinstitute mit billigem Geld fluten (0 - 1% Zinsen), fließt dieser kostengünstig erworbene Zaster natürlich auch in alle Anlagen und treibt die Preise hoch. Profitieren können davon natürlich nur diejenigen, die an das billige Geld auch rankommen - und das sind nicht die Letzten in der Warteschlange. Die Kleinsparer bekommen das Geld erst, wenn die Preise schon gestiegen sind. Von den Armen mit dem Kanten Brot, der Tortilla, oder der Schüssel Reis gar nicht zu reden.


Ungerecht, ja ... aber nicht die Schuld "der Banken", Spekulanten und Finanzmärkte, sondern die Schuld derer, die dieses Papiergeldsystem erst zu unserem einzig gültigen erklärt haben. Und das sind nun einmal die gesetzgebenden Politiker. Die Menschen haben sich dieses System nicht ausgedacht.)