Umweltschutz

Wie bei jedem anderen technischen Vorgang, gibt es auch im Kraftwerksbetrieb unerwünschte Nebenwirkungen. Wo gehobelt wird, fallen halt auch Späne. Das kann man nicht verhindern, aber man kann diese Späne sozusagen später wieder aufkehren, und geordnet entsorgen, oder deren Entstehung gleich so weit es geht minimieren. Der ganze Aufwand firmiert dann unter dem Etikett Umweltschutz und hat in den letzten Jahrzehnten einen immer höheren Stellenwert erhalten.
Mittlerweile wird ca ein Drittel der finanziellen Mittel zum Kraftwerksneubau direkt in Umweltschutztechnik investiert. Ebenso ein Großteil des Betriebsaufwandes, des Flächenverbrauchs, der Aufmerksamkeit des Bedienpersonals und des elektrischen Eigenbedarfs geht direkt in den Umweltschutz.

So, um was geht es jetzt eigentlich? Welche "Späne" sind da gemeint?

Am Anfang stand natürlich die Asche im Fokus. Wenn heute von Dreckschleudern die Rede ist, habe ich zumeist das Bild von rauchenden Schloten vor Augen, wie ich sie noch in meiner Ausbildungszeit selbst aus der Nähe sehen konnte. Damals wurde wirklich Dreck aus dem Schornstein gejagt, der sich dann auf den Fensterbrettern, den Autodächern und der Wäsche auf der Leine wieder ablagerte. So wie damals sieht es heutzutage nicht mehr aus ... höchstens, wenn die Natur gerade ihre Pollenflugtage hat.
In Kraftwerken wird aber mittlerweile gefiltert, was das Zeug hält. Das gabs in den Altanlagen zwar auch schon, da allerdings, sagen wir mal - suboptimal.

Was ist jetzt eigentlich diese Asche?

Im Prinzip alles, was mit der Kohle mitkommt und nicht brennbar ist, sowie ein paar Kleinigkeiten, die bei der Verbrennung auch mitoxidieren. Kohle wird ja aus tieferen Bodenschichten gebuddelt, und ist somit von totem Sand und Stein umgeben und durchzogen. Eigentlich ist sie ein Teil der Erdkruste, und so findet man darin halt auch alles, was so in dieser Kruste verteilt ist.

Ganz nebenbei, wenn die Ökojünger mal wieder jammern, dass irgendein Tagebau Wunden in die Mutter Erde schlägt, dann sollten sie sich das ganze mal von nahem betrachten. Wenn die obere Deckschicht erstmal abgetragen und beiseite gepackt ist (die braucht man später wieder), ist ein paar Meter tiefer alles taubes (inertes) Gestein. Man würde genausoviel Schaden anrichten, wenn man eine Sahara-Wanderdüne von A nach B schippen würde.

Sobald die Kohle weggebaggert und die Löcher mit dem Totgestein aufgefüllt wurden, zieht hinter dem Großgerät dann die Renaturierungstruppe drüber. 
Das sieht dann so aus, dass auf die nun wieder gefüllte Grube eine Deckschicht aus dem vorher abgetragenen und aufbereiteten Mutterboden aufgetragen wird, wobei die Rekultivierer sozusagen Boden nach Wunsch liefern können. Die haben da schon eine Kunst draus gemacht. Will man eine hügelige Landschaft kann die geliefert werden, soll es flach sein - kein Problem. Der Boden feuchtigkeitsspeichernd, oder eher sandig? Bissl sauer, oder lieber basisch, mit Ton, Schiefer, Mergel, Kies? Alles ist machbar. Genug Sande zum Mixen haben sie ja. Nach der Renaturierung ist das ganze jedenfalls fruchtbarer und "ökologisch wertvoller" als vorher.


Naja, dann kommen erstmal Pflanzen für Verdichtung und Erosionsschutz drauf, später dann alles was man will. Wälder, Hecken, Wiesen, Ackerland ... auch einen selbstgebastelten Weinberg hat man schon angelegt. Sieht wirklich hübsch aus und wärs "natürlich" hätten Ökos ihre wahre Freude dran.

Aber zurück zur Asche. Diese ist also quasi das gleiche Totgestein, mit dem wir unsere Löcher aufgefüllt haben, nur das sie halt mal ein paar Sekunden Hitze bekommen hat. Deshalb kann man die aufgefangene Asche auch problemlos mit in die Grube kippen (allerdings in einen Extrabereich, es muss ja alles seine Ordnung haben).
Okay, wie nun aber auffangen? Ein kleinerer Teil der Asche (ca 5 - 10 %) ist nach der Verbrennung so schwer und grobkörnig, dass er einfach runter auf ein Rost fällt. Dort kann er ausglühen und landet dann in einem Wasserbad zum Ablöschen. Dort wieder rausgezogen hat das Zeug in etwa die Konsistenz und das aussehen von einem dunkelgrauen Kieselstrand.

Der weitaus größte Teil der Asche wird aber mit dem Rauchgas durch den ganzen Kessel gezogen und am Ende wieder ausgefiltert. In kleinen Anlagen können das Gewebefilter sein, es gibt auch Bauarten mit Filterzentrifugen - aber in Großanlagen haben sich Elektrofilter durchgesetzt. Die funktionieren in etwa so:

Erst kommt eine Lochwand und danach eine Querschnittserweiterung auf einen großen Raum. Damit wird eine Verlangsamung des Rauchgasstroms bewirkt, und die ersten Partikelchen setzen sich ab. Danach passiert das Rauchgas die ersten Filtergassen, die aus beidseitig angebrachten Elektroden bestehen. Die eine Seite bilden dabei die Sprühelektroden (im Prinzip nur Drähte), an denen Hochspannungs-Gleichstrom anliegt (Hausnummer: z.B. 80 000 Volt). Auf der anderen Seite befinden sich Plattenelektroden (Stahlbleche) mit entgegengesetzter Polarität.
Die Staubkörnchen dazwischen werden elektrostatisch aufgeladen und lagern sich an der Plattenelektrode ab, so wie Staub auch an senkrechten Möbelwänden haften bleibt ... nur ein bissl effektiver. Ab und zu gibts dann mal einen Schlag mit 'nem automatischen Hammer, und der Staubpelz fällt ab (in die Filtertrichter, wo er sich sammelt und abgefördert wird).

Das ganze Teil ist in mehrere Abteile (sogenannte Stufen) aufgeteilt, wovon jedes ca 90% des hindurchströmenden Staubs abscheiden kann. Bei vier Stufen hintereinander bedeutet das 1.) 10% Übriggebliebenes, 2.) 1% (10% der noch übriggebliebenen 10% nach der ersten Stufe), 3.) 0,1%, 4.) 0,01%.

Eine Rechnung um sich das vorstellen zu können: Wir verfeuern 1000 t Kohle mit einem Aschegehalt von 5%. Bleiben also 50 t Asche. Zehn Prozent davon landen im Wasserbad, es bleiben als 45 t Flugstaub übrig. Davon 0,01% sind 4,5 kg Asche, die der E-Filter durchflutschen lässt. Heißt konkret ca ein Wassereimer voll Asche bleibt von 1000 t Kohle. Soviel blieb ungefähr auch übrig, als ich dazumals den elterlichen Kohleofen leeren musste, in zwei Tagen jedenfalls. Für ein Haus. Wobei einiges wohl auch durch den Schornstein gegangen sein dürfte.

Okay, das mag man jetzt immernoch für zuviel halten, aber man bedenke, es ist nichts anderes als der Staub, den der Wind auch so durch natürliche Bodenerosion davonträgt. Außerdem da kommt ja noch etwas danach. Die Rauchgaswäsche nämlich.

Da geht es nun aber primär eigentlich nicht um das Auffangen von Asche, sondern um die Rauchgasentschwefelung. Die zusätzliche Ascheabscheidung ist nur ein sekundärer Nebeneffekt.

Eine weitere Schadstoffemmission bei der Kohleverbrennung sind halt Schwefeloxide. Der Schwefel kommt einmal auch mineralisch in der Erdkruste vor, und außerdem haben die Pflanzen, die irgendwann mal zu Kohle wurden auch Schwefel aufgenommen als sie noch lebten. Und - Schwefel ist brennbar. Tja, das man mit Asche aus Schloten keine Freude hat war für jeden sichtbar, aber Schwefeloxide sieht man nicht.

Nur die Auswirkungen der Emmissionen aus ostdeutschen und vor allem wohl tschechischen Braunkohlekraftwerken konnte man wohl in deutschen Mittelgebirgen in den Achzigern bewundern, was uns dann das deutsche Globalproblem des Waldsterbens einbrachte. Ganz einfach: Schwefeldioxid plus Luftfeuchte ergibt Schweflige Säure, Schwefeltrioxid plus Luftfeuchte ergibt Schwefelsäure. Säure auf Boden ergibt Bodenversauerung, und das verträgt nicht jede Pflanze.

Gut, die Lösung war technisch machbar und ist mittlerweile Standard. Man nehme Calziumoxid in irgendeiner Form und bringe es mit den Säuretröpfchen zusammen. Ergibt (plus Sauerstoff): Gips und CO2 (ohwei, ich höre schon ein Aufjaulen).

Möglichkeiten dazu gibt es jetzt viele, ich nehme mal die "nasse REA" (Rauchgasentschwefelungsanlage), weil ich die ja angekündigt hatte. Hier auch nur eine, die mit Kalksteinschotter betrieben wird.
Der Schotter wird fein gemahlen und mit Wasser versetzt. Die entstehende Suspension wird im sogenannten Absorberturm fein verdüst, und der Rauchgasstrom nach E-Filter (der mit nur noch ganz wenig Asche) muss jetzt durch diesen Tröpfchenschleier durch. Da das ganze bei ca 60-80°C passiert muss man sich das wie einen Dampf-Dusch-Sauna vorstellen. Zu allem Überfluss versperrt ganz oben, kurz bevor es ins Freie geht, noch ein ebenfalls mit Kalksteinsuspension geduschtes Lamellenlabyrinth den Ausgang.
Wieder soll der Strom verlangsamt, und ein "inniger Kontakt" zwischen Rauchgas und Suspension hergestellt werden. Nennt sich Nassfilmkontaktzone, hat aber nichts mit Erotikstreifen-Club zu tun.

Jo, nun fällt sozusagen alles, was nicht "rein" ist nach unten und wird dort ordentlich durchgequirlt. Durch das Aufblubbern mittels Oxydationsluftgebläsen (Whirlpool?) entsteht aus Calziumsulfit schließlich Calziumsulfat, und das ist unser Gips. Noch als kristallisierender Feststoff in einer braunen Wasser-Asche-Brühe.

Okay, das Zeugs wird dann zyklisch rausgepumpt. Was dick genug ist (viele große Gipskristalle) landet zur weiteren Wäsche auf einem Filter, der Rest kommt wieder zurück in den Pott, oder wird zur Wiederaufbereitung in einen anderen Bereich geschickt (man will ja kein Wasser verschwenden!). Der gereinigte Gips (mehrfach durchgespült) wird entwässert (mittels Vakuumpumpen) und kommt als Rohgips für die Gipsplattenfabriken ins Lager.

Das Zeug sieht nicht aus, wie man es aus dem Baumarkt kennt, sondern ist eher ein hellgelbes, feuchtes Pulver. Eine kleine Müllverbrennungsanlage stellt davon so um die 400 t pro Jahr her, wir kommen auf 1500 t pro Tag.

Nebenbei, ein Teil des verunreinigten Prozesswassers wird nach einem Ausflockungsprozess für das Binden der gesammelten Flugasche benutzt. Damit die auch beim Abtransport ja nicht staubt.

So, die Asche sind wir los, die Schwefeloxide sind eingefangen.Was bleibt noch so? Stickoxide! Japp, ein ganz gefährliches Zeugs, wegen dem die Autofahrer auch schon ihre Auspuffanlagen nachrüsten mussten. Ich gucke jetzt nicht nach, aber angeblich sind die pflanzenschädlich (sieht man an den total verwüsteten, und toten Straßenrändern), sind schlecht zum Einatmen (mag sein), und begünstigen das Ozonloch (ohne Wertung).

Nuja, wir haben natürlich wieder gebundenen Stickstoff in Kohle und umgebenden Material (Erdkrusteninventar halt), aber der brennt nun nicht so richtig doll, daher sein Name. Trotzdem entstehen ca 5% der Stickoxide auf diese Weise. Oxydation von mineralischem Stickstoff bei der Verbrennung.
95% der Stickoxide entstehen aber spontan, durch Umwandlung des Luftstickstoffs bei hohen Temperaturen. In Braunkohlekraftwerken sind die Temperaturen im Allgemeinen nicht so hoch, daher kann man da viel mit der Luftzufuhr rumtricksen. Die Kessel sind groß genug, da braucht man keine Flammtemperaturen über 1200°C, wo die spontanen Stickoxide entstehen. Man kann also auf eine DENOX-Anlage verzichten.

In Steinkohlekraftwerken sieht das anders aus. Die haben, wie ein Auto, einen Kat im Auspufftrakt. Dort sieht es so aus, dass mehrere durchlöcherte Keramikwürfel (der Katalysator) am Ende des Kessels vom Rauchgas durchströmt werden müssen, wobei vorher noch Ammoniak eingedüst wird. Dadurch entstehen aus Stickoxiden dann Stickstoff und Wasserdampf.
Das klingt erstmal simpel, aber man muss immer bedenken, dass Ammoniak ein (wirklicher) Gefahrstoff ist, und das solche Katalysatoren erstens einen permanenten Druckverlust bedeuten (hoher elektrischer Aufwand), und außerdem auch verschleißen und verstopfen können.

Was bleibt nun noch? Eigentlich nix, würde ich sagen. Aber man hat ja mittlerweile den Überkiller CO2 gefunden. Der lässt sich nicht vermeiden. Wenn man der Ansicht ist, dass ausgerechnet der deutsche CO2 -Output das Weltklima zum Überhitzen bringt, dann muss man halt konsequenterweise in Deutschland auf die Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen verzichten. Es ist zwar lächerlich, weil sich der Rest der Welt nicht drum schert und weiterhin alle von uns übriggelassenen Kohlenstoffverbindungen nutzen wird, aber wenn man es will, dann nur so. Anders geht es nicht.

Die Abscheidung und Verpressung von CO2 funktioniert zwar, ist aber mit einem derart hohen Energieverbrauch verbunden, dass es mich schlicht schaudert. Es ist zwar energetisch nicht ganz so bescheuert wie Photovoltaik ausgerechnet in Deutschland, aber für eine fixe Idee von UN-Bürokraten einfach zuviel Aufwand, und nebenbei eine Ressourcenverschwendung an fossilen Brennstoffen.

Okay, aber ich wollte eh nur einen kurzen Überblick geben, wieviel in Kraftwerken schon für den Umweltschutz getan wird. Die wichtigsten Bereiche habe ich aufgezählt, und das soll es auch schon gewesen sein. Natürlich könnte ich jetzt auch ausführen, dass wir den (schon per Ölbindemittel aufgesaugten) Inhalt von geplatzen Hydraulikschläuchen irgendwelcher LKW auf dem Gelände nicht einfach auf den Kohlestrom aufgeben (was vernünftig wäre), sondern ihn extra von einer zertifizierten Fachfirma entsorgen lassen ... aber das alles würde jetzt zu weit führen.